Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1911) J. J. Rousseau
Entstehung
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Die Briefe an Malesherbes.

die ich am längsten und mit dem grössten Gefallen überdacht habe. Schliesslich habe ich doch zu meinem Bedauern einsehen müssen, dass er nicht tauglich war. Ich dachte nur an die Verbindung der Personen, ohne das zu berücksichtigen, was sich zwischen sie schieben und uns trennen würde. Derart aber giebt es so vieler­lei, besonders gehören hierher die mit meiner Krank­heit verknüpften Unbequemlichkeiten, dass jener Plan nur durch die Gesinnung, die ihn eingab, zu entschul­digen ist. Ueberdem würde die Lebensweise, zu der ich mich hätte bequemen müssen, allzu sehr allen meinen Neigungen und Gewohnheiten widerstrebt haben, ich hätte sie nicht ein Viertel Jahr lang ausgehalten. Schliesslich hätte die räumliche Nähe wenig genützt, da wir durch den Standesunterschied getrennt geblieben wären, denn die köstliche Innigkeit, die den grössten Reiz eines engen Kreises bildet, würde dem unsrigen immer gefehlt haben. Ich würde weder der Freund noch der Bediente des Herrn Marschall von Luxemburg geworden sein, ich wäre sein Gast geblieben und hätte, mich nicht zu Hause fühlend, mich nach meiner alten Zufluchtstätte gesehnt. Es ist aber um vieles besser, dass man denen ferne bleibt, die man liebt, und dass man wünscht, bei ihnen zu sein, als dass man in die Gefahr kommt, den entgegengesetzten Wunsch zu hegen. Hätten wir uns etwas näher ge­standen, so hätte sich vielleicht mein ferneres Leben ganz anders gestaltet. Wie oft habe ich in meinen Träumereien angenommen, der Herr von Luxemburg sei nicht Herzog, nicht Marschall von Frankreich, son­