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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
Entstehung
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nicht mehr ſchlafen, brach gleich mit Anbeginn der Morgen­röthe auf und gönnte ſich diesmal mit der Achſe nach Hauſe zu fahren.

Während ſeiner Abweſenheit kam aber über mich eine heftige Kinderkrankheit und erſchöpfte ganz die Kraft meines Lebens. Faſt zum Erlöſchen lag ich da, und meine Mutter rang verzweifelt die Hände. Auch Freide ſchluchzte und gab ſchon alle Hoffnung auf meine Geneſung auf. Da trat Samuel zur Thüre herein. Erſchüttert im Innern blieb er am Ein­gange ſtehen und wagte es kaum, ſich meiner Wiege zu nähern. Endlich ermannte er ſich, faßte mich ſcharf ins Auge, ſann und ſann, und als ob ihn der Gedanke einer wirkſamen Hand­lung durchzuckte, machte er ſich ſchnell auf und eilte aus allen Kräften ins Badhaus. Dort entkleidete er ſich, ſtieg in die kalte ‚Mykwe bis an die Bruſt, tauchte dreimal unter und blieb zuletzt ſo lange unter der Oberfläche, als er den Athem

einhalten konnte, ſinnend ein kräftig Gebet. Dann ſtieg er empor, kleidete ſich ſchleunigſt wieder an, und als er nach Hauſe gekommen, da fand er meine Augen nicht mehr ſo ſtarr und matt, ja er fühlte, daß ich ihn anſchaute, freute ſich und tröſtete meine beiden Mütter.