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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
Entstehung
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IL.

Kaum, daß ich ohne Nachhilfe auf der Erde hinwackeln konnte, machte mich auch ſchon Samuel mit den Räumen des Jolles⸗Bethauſes bekannt. An einem ſchönen Sabbat⸗Nach­mittage, als die Chaſſidim daſelbſt zu geiſtigen Unterhaltungen und Plaudereien bereits zuſammengekommen waren, nahm mich Meiſter Samuel auf den rechten Arm, trug mich in das ge­nannte Bethaus, ſtellte mich auf den Tiſch, daß mich alle ſehen konnten, nannte mich laut ſeinen zukünftigen Kadyſch und meinte, daß in der ganzen Jolles⸗-Gemeinde kein Unter­nehmen dem ſeinigen gleiche, das ſo gott⸗ und ſelbſtgefällig zugleich wäre. Samuel aber war ein Menſch, deſſen Anſichten zwar von keinem Fremden, und ſei er auch wer immer, aber von einem Jolles-Genoſſen leicht erſchüttert werden konnten. Ganz betroffen war er daher, als einige in ihm den Gedanken erweckten, es könnte vielleicht aus mir ein Epikuräer werden und, ſintemal er nicht mein Vater iſt, könnte ich ſpäterhin, meine wirkliche Mutter erkennend, ihm abtrünnig werden und dafür meinem verſtorbenen Vater ein treuerKadyſch wer­den, denn die Verſtorbenen, mühen ſich gewöhnlich im Grabe, ihr Andenken in den zurückgebliebenen Kindern zu retten und ſeien immer eiferſüchtig auf die Pflege⸗Eltern. Auch behaupte die Bibel, daß des Menſchen Herz böſe ſei von Jugend auf.... Ganz verzweifelt ſtand Samuel da, umſomehr, da man ihm mit dem Talmud und der heiligen Schrift, Dinge, die er nicht