IV.
Meiſter Samuel war mit meinen Leiſtungen im, TalmudCheder“ ſehr unzufrieden. Die troſtloſen Ausſichten, die ihm Simon Lokſch bezüglich meiner Gelehrſamkeit gegeben hatte, entmuthigten fein hoffnungsvolles Weſen ganz. Jedes Vierteljahr nahm er mich aus dem einen Cheder und ſchickte mich in das andere. Allein, trotz aller Geſchenke von Schuhen und Stiefeln, die er den verſchiedenen Rabbinen und Behelfern machte, konnte er doch nicht die erfreuliche Verſicherung erhalten, ich ſei auf dem Wege ein großer„Ille“(Gelehrter) zu werden. Zu feiner noch größeren Beſtürzung nahm er wahr, daß ich oft großes Intereſſe an dem Zuſchneiden des Leders und der Verfertigung von Stiefeln zeigte. So ſah er mich einſt auf der Erde neben den niedrig ſitzenden Geſellen. Geshäftig nahm ich das ſchwarze, klebrige Pech, beſtrich damit eine dünne Schnur und fädelte Schweinsborſten drein, dann nahm ich die kurze, gebogene Ahle, bohrte in einen alten Stiefel, führte geſchickt die Enden der Borſten hindurch und zog ſie mit ſpannenden Armen dahin, nachahmend die flinken Geſellen. Sachte kam nun mein Samuel von rückwärts, hielt ich feſt an die Erde und mit dem breiten Rohre des Stiefels hieb er mich hierum und dortum und rief mit mächtiger Stimme:„Ich morde dich Hund! Willſt du ein Schuſter werden?! Willſt du mit Ahle und Pech dein Leben verbringen? Was, krank biſt du am Chumeſch(Bibel) oder am