faſſen. Da kam ich zur Thüre muthig und trotzig herein, um, wenn es gilt, den Drohungen des Samuel kräftig zu begegnen.. Und Freide empfing mich mit folgendem Gruße: „Da kommt„Eiſſef“(Eſau ) von der Jagd! O ein Scheintod komme über dich, daß man dich lebendig begrabe! Verſinke dort, wo du ſtehſt, zehn Klafter tief in die Erde, wie „Korah und ſeine Gemeinde!“ Wie du ſitzeſt am„Buch“ ſollen dir plötzlich ſpringen die Augen, und deine Ohren verſtopft werden! So viel Jahre du zählſt, ſo viel Wunden bekomme an Händen und Füßen, daß du nicht ſitzen, nicht liegen, nicht ſtehen kannſt. Amen, Amen, Amen, ſtarker Gott und laſſe es mich erleben!“ Gütele aber blies dabei mit dem Munde alle Flüche hinweg, indem ſie die Hand davor hielt und ſegnete mich. Dieſes bemerkend, ſprach ich zu Freide wie folgt: „Biſt du meine Mutter, ſo mögen ſich alle deine Flüche bewähren, Grauſame! Von nun an, bei jenem Gotte, der Himmel und Erde erſchuf, nie ſollſt Du das Wort„Mutter“ von mir vernehmen, nie!“ Wie Korah und ſeine Gemeinde ſoll ich verſinken? Korah und ſeine Gemeinde, daß iſt der Zaddik mit ſeinen Chaſſidim!“—„Joſchu—“ biß ſich Samuel verzweifelt in die Lippen und ballte zitternd die Hände. „Joſeff⸗ Leben, willſt du zu Tode mich kränken?“ ſprach Gütele ſchmerzlich bewegt.„Weil ich die Wahrheit ſage?“ verſetzte ich mit eifrigem Tone.„Lug und Trug wohnt unter dem Lockengeſchwänz! Affen der Frömmigkeit ſind ſie, ihre Gebete achtet Gott weniger als das Geſchrei der Krähen, ja ihr Bethaus iſt nur eine Schänke.——„Tödte mich nicht“ rief Gütele, halb Zorn, halb Wehmuth, und ich:„Dieſe Chaſſidim habe ich verachten gelernt, ich bin keiner mehr, ich bin keiner mehr, ich bin kein Chaſſide mehr!“ Befriedigt meine Ueberzeugung ausgeſprochen zu haben, öffnete ich die Thür, ſchlug
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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
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