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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
Entstehung
Seite
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K

Eindruck einer Unerbittlichen und man wagte nicht, ihr zu widerſprechen. Mein Mitſchüler Barbaſch, eine ſchwächliche, wenig begabte Natur, brauchte, um nicht wieder in einer Klaſſe zurückzubleiben, nothwendige Nachhilfe und empfahl mich ſeiner Mutter.

Als ich ihr in meiner langen Kutte vorgeſtellt worden war, ſah ſie mich von Kopf bis zur Zehe an und, bedacht auf ihren Vortheil, ſprach fie zu mir:Ich habe ver­nommen, daß du kein Nachtlager haſt. Iſt es wahr? Ja erwiederte ich leiſe und ſchlug die Augen zu Boden, denn im Zimmer waren zahlreiche Geſchwiſter, ältere und jüngere verſammelt, auch der vielgereiſte Sohn des Hermelin, der jetzt auf meine chaſſidiſche Tracht lächelnd herabſah.Nun fuhr ſie weiter fort,ich erlaube dir bei uns zu ſchlafen; zwar beſitzen wir kein überflüſſiges Bett, aber der Fußboden iſt gewichſt und viel reiner als der Tiſch des Schuſters, bei dem du warſt, ich werde dir einen Strohſack geben und da kannſt du in jenem Vorzimmer neben dem Schranke bequem dich hinſtrecken, dafür aber mußt du meinem Sohne Nach­hilfe in den Schulgegenſtänden leiſten. Es kann überdies dein Schaden nicht ſein: Du übſt dich ja ſelbſt dabei. Du haſt vielleicht keinen Platz, wo du deine Aufgaben arbeiten könnteſt, hier wird dich Niemand ſtören, kannſt auch den ganzen Tag beim Fenſter dort ſitzen. Wo ſpeiſeſt du? Wo immer entgegnete ich.Im Hotel, wenn es nicht anders geht! verſetzte der Vielgereiſte, und es lachten all die Umſtehenden.Nun ſprach Jene weiter:Zu Mittag wollen wir dir auch Suppe und Zubehör zurücklaſſen und wenn ich zufrieden bin, ſollſt du auch Morgens und Abends ein Glas Thee oder Kaffee bekommen.

Nachdem ſie alſo geſprochen, dankte ich ihr mit kaum vernehmbaren Worten und wurde ſogleich aufgenommen. Aber