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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
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einſtürzen, nicht deines, Samuel. Du haſt mich erzogen, es war Gottes Wille, aber ſein Wille war es nicht, daß du mich wegen der Verabſcheuung des Aberglaubens verſtoßeſt. Alles nimmt ein Ende, denn alles iſt eitel und nichtig.

Als Samuel ins Haus ohne Dach gekommen war, da fand er ſeine Freide in ſchwerem Leid, denn ein herabſtürzender Balken war ihr auf das Rückgrat gefallen. Sie erkrankte ſchwer und ſchwerer und ſtarb.

Nun raffte ſich Samuel mit all ſeinen letzten Hoffnungen und Ausſichten auf und ſann auf die eigene Rettung. Er hatte nämlich in früheren Zeiten Gelder nach Jeruſalem ge­ſchickt, wofür er heilige Zeugniſſe zu erhalten pflegte. Da nun Viele ſeinesgleichen unter der Leitung eines Rab­binen zu einer Auswanderung ins heilige Land ſich gerüſtet hatten, um dort oder unterwegs den Weltuntergang zu er­leben, ſo packte Samuel Ahle, Pfrieme und Hammer zuſammen und zog nach Jeruſalem .

In dieſer Zeit der allgemeinen Verwirrung unter der Bevölkerung war meine Mutter mehr als je um mich beſorgt und geſellte ſich mir auf allen meinen Wegen hinzu, denn ſie ſprach:Sollte die Welt untergehen, ſo will ich an deiner Seite bleiben, damit wir dann, wenn der Meſſias kommt, und ſicherlich kommt er hernach, beiſammen gefunden werden.

Dieweil hatten dichtere Wolken mehrere Nächte hindurch den Himmel umlagert und als ſie wieder zerfloſſen waren, ſah man nur noch die Spur des Kometen, denn klein und kleiner wurde er indeß und zog ſich in die Höhen des Himmels zurück. Nun waren alle Bande der Furcht wieder gelöſt, man athmete freier auf, man lachte auch mitunter über den früheren Schrecken und wohlgemuth betrat man wieder das alte Geleiſe des ſonſtigen Lebens und Webens.