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wir Jünglinge bereits die vierte Klaſſe bald abſolvirt hatten, ſo ſorgten die Väter der Stadt auch für unſere Zukunft. Sie gründeten in Wien einen Fond zur Heranbildung von Handwerkern und richteten an die Schüler einen Aufruf, es möge ſich jeder kräftige Zögling am Schluſſe des Schuljahres melden und er wird in die Kaiſerſtadt geſchickt, um ein Handwerk zu lernen. Alle dünkten ſich ſchon kräftig, ich nicht minder, doch Ben Zion Barat prüfte und beſtimmte jedem, nach feiner Leibes und Geiſtesfähigkeit, den fernern Beruf. —
Um dieſe Zeit der allgemeinen Bewegung unter den Jünglingen, ſtellte ſich in mir ein brennendẽs Verlangen ein, auszuwandern. Wolken und Vögel beneidete ich um ihr Wegziehen und alles Strömende und Fließende erweckte in mir eine unnennbare Sehnſucht in die Weite.
Als das Schuljahr zu Ende war und jeder ſein Zeugniß erhalten hatte, da nahmen die Jünglinge Abſchied von Ben Zion Barat. Wie ausgeflogene Vögel zogen ſie fort, um nie wieder zurückzukehren, jeder ſetzte ſich auf einen andern Nahrungszweig und lernte ſein Neſt bauen. Ich nur ſtand müßig und ohne Ausſichten da und fühlte mich beſtimmungslos für die dunkle Zukunft. Ben Zion Barat meinte, ich ſolle in die Unterrealſchule und wenn ich dieſe beendigt, nach Lemberg in die Oberrealſchule gehen und von dort nach Wien in die Technik. Aber das war mir ein allzu ſichtbarer Weg zu dem, was mich ſo geheimnißvoll oft durchſchauert. Zwar wußte ich nicht, was aus mir werden ſoll, aber ich wußte, wie die Lebensbahn auszuſehen hat, die ich wandeln ſoll; es war mir zwar nicht klar, was ich zu erreichen habe, aber ich wußte ganz beſtimmt, was zu erreichen nicht der Mühe werth ſei. So ſtand ich denn wochen, monatelang ohne jede Anregung von außen, wie ein Baum, nachdem das Laub von ihm gefallen und folgte zum erſten Male nicht Ben Zion Barat.