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Sonderheft 2, Zur Entstehungs und Wirkungsgeschichte Fontanescher Romane
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tend, wie er ist, die große Weltbewegung mit und sprudelt und wirft Strahlen und bildet Trichter. Um dies - so ungefähr fängt der Roman an - und um das Thema dreht sich die ganze Geschichte [. . .] »

Das Manuskript wurde in Stuttgart «sehr freundlich aufgenommen», und, so notierte Fontane, «man schrieb mir Schmeichelhafteres, als sonst wohl Redaktionen und Verleger zu schreiben pflegen ». Diese Tagebuchnotiz be­zieht sich auf eine Korrespondenz, die offenbar Ende Juli oder Anfang August 1897 geführt wurde und die - in einem Nachruf der Zeitschrift «Über Land und Meer» von Paul von Szczepänski mitgeteilt (1898/99, Band 1, S. 381 f.) - bisher nicht beachtet worden ist. Danach akzeptierte die Redaktion telegraphisch: «Hochverehrter Herr Doktor, intensiv mit allen Ihren Menschen mitlebend, vor allem mit dem alten Freiherrn, am Schlüsse im Innersten erschüttert, danken wir Ihnen dafür, daß .Über Land und Meer ein solches Werk veröffentlichen darf.» Fontane antwortete mit folgender Depesche: «Ihr Telegramm hat mich sehr beglückt. .Verweile doch, du bist so schön - ich darf es sagen, denn ich sehe in den Sonnen­untergang. Herzlichen Dank.»

Am Tage darauf schrieb der Dichter an den Direktor der Deutschen Ver­lags-Anstalt, Adolf Hoffmann, einen ergänzenden Brief: «In meinem gestri­gen Telegramm habe ich einen auf diesem Gebiete wohl neuen Ton ange­schlagen: den sentimentalen. Aber Sie werden es entschuldigen, wenn Sie hören, daß ich recht elend bin. Unmittelbar nach Absendung des Manu- skriptspakets klappte ich zusammen. Ein oft stundenlanger Nervenhusten quälte mich. Doch wozu das? Spreche ich Ihnen lieber noch einmal aus, wie sehr mich Ihre Worte beglückt haben. Wer hört nicht gern Lob? Aber es ist nicht das Lob als solches, was mir so wohltut, sondern die Grundempfin­dung, aus der heraus es gesprochen wird. Scott schrieb einmal: ,Ich bin schlimm daran: Tadel verdrießt mich, und Lob erfreut mich nicht. Ich hab ihm das oft nachgesprochen, denn das meiste Lob ist danach. Lob, aus dem man zugleich berechnende Vorsicht und die beständige Angst vor einem auch nur kleinsten Zuviel herauswittert, macht einen tristen Eindruck. Und diese Lobform ist hier noch immer zu Hause und arbeitet, mitten im anscheinen­den Schnellzugenthusiasmus, mit der Carpenter-Bremse. Es muß doch einen Grund haben, daß ich einem freien, mit einer gewissen largesse gepaarten Wesen nur in Süddeutschland und speziell in Ihrem Stuttgart begegnet bin; vor 10 Jahren bei Kröner und nun bei Ihnen. Wieviel davon persönlidi, wie­viel davon .ländlich-sittlich ist, kann ich freilich nicht wissen.»

Gotthard Erler

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