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Deutsche Rundschau.
so still sie war, doch immer noch einen lebhaften Verkehr hatte, verglichen mit der einsamen Fahrstraße, die von Schloß Holkenäs nach Dorf Holkeby hinunterführte. Und wenn er so sann und dachte, dann klopfte es, und die Wittwe Hansen oder auch Wohl die schöne Brigitte trat ein, um den Frühstückstisch abzuräumen, und war es die gesprächige Wittwe, so war er ganz Ohr bei Allem, was sie sagte, und war es die schweigsame Brigitte, so war er ganz Auge und ihrem Bilde hingegeben. Es lag etwas in diesem Verkehr, das, trotzdem beide Frauen, und besonders Brigitte, keineswegs interessant waren, unsren Holk doch immer wieder anregte, wenngleich er in der Hansenfrage längst klar sah und von Geheimnißvollem keine Rede mehr sein konnte. Der Kaiser von Siam war immer unsichrer, der „Sicherheitsbeamte" dagegen immer sichrer geworden; Alles war genau so, wie's Pentz erzählt, indessen die Dehors blieben gewahrt und ebenso die kleinen Aufmerksamkeiten, die Beide dem Holk'schen Geschmack geschickt anzupassen wußten, und so kam es denn, daß dieser den allmorgentlichen Begegnungen mit Mutter und Tochter mit einer Art Behagen entgegensah, besonders seit er fühlte, daß diese Begegnungen ausgehört hatten, irgendwie gefährlich für ihn zu sein. Ob er sich bewußt war, worin dies Aufhören aller Gefahr eigentlich wurzelte? Vielleicht sah er persönlich nicht klar darin, aber Andre sahen nur zu deutlich, daß es Ebba war.
In der Politik ging inzwischen Alles ruhig seinen Gang. Erst für Anfang December war ein neuer Ansturm geplant, hinsichtlich dessen die Meinung der Prinzessin dahin lautete, daß für diesmal, und zwar aus Klugheit, dem Anstürme nachzugeben sei; im selben Augenblicke, wo Hall gehe, werde das Land auch schon einsehen, was es an ihm gehabt habe. Dieser Ansicht schloß sich der prinzliche Hof natürlich an, und Holk war eben im Begriff, in eben diesem Sinne an Christine zu schreiben und ihr die staatsmännische Bedeutung Hall's auseinanderzusetzen, als Pentz eintrat.
„Nun, Pentz, was gibt mir so früh schon die Ehre . . ."
„Große Neuigkeit."
„Louis Napoleon todt?"
„Wichtiger."
„Nun dann muß das Tivoli abgebrannt oder die Nielsen katarrhalisch afficirt sein."
„Es hält sich zwischen beiden: wir gehen morgen nach Fredericksborg."
„Wir? wer sind „wir"?"
„Nun, die Prinzessin und Alles, was ihr zugehört."
„Und morgen schon?"
„Ja. Die Prinzessin ist nicht für Halbheiten, und wenn sie etwas vor hat, so müssen Plan und Ausführung womöglich zusammenfallen. Ich bekenne, daß ich lieber hier geblieben wäre. Sie kennen Fredericksborg noch nicht, weil Sie sich als dänischer Kammerherr der Aufgabe, dänische Schlösser nicht kennen zu lernen, mit einer merkwürdigen Nachhaltigkeit unterzogen haben. Und weil Sie Fredericksborg noch nicht kennen, so können Sie's drei Tage lang dort aus- halten oder im Studium von allerlei Krimskrams, von Perrückenbildern und Runensteinen auch Wohl drei Wochen lang. Denn es gibt manches Derartige