Unwiederbringlich.
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Ebba, die sich nur mühsam aufrecht hielt, hörte das Alles, und ihre Lage wäre kaum besser gewesen als vorher in der kalten Kirche, wenn nicht einer der Stationsbeamten ein Einsehen gehabt und das für den königlichen Hof bestimmte Separatzimmer für Holk und Ebba geöffnet hätte. Hier war es nicht bloß warm und geräumig, hier fand man auch Pentz und Erichsen, die zurückgeblieben waren, um über die Schicksale der Verlorengeglaubten an die Prinzessin berichten zu können. So war es von dieser ganz zuletzt noch angeordnet worden, als sie mit der Schimmelmann schon das Coups bestiegen hatte. Die Begrüßung Holk's und Ebba's von Seiten der beiden Kammerherren war, da man nicht ohne Sorge gewesen, aufrichtig herzlich; aber diese Herzlichkeit wurde doch sehr übertroffen, als gleich danach Karin hereinstürzte, die bis dahin zusammengekauert in einer Ecke des daneben befindlichen Wartezimmers gesessen hatte. „Laß doch, Kind," versuchte Ebba zu scherzen. „Was war es denn groß? Erst etwas zu heiß und dann etwas zu kalt." Aber Karin, so gerne sie sonst lachte, wollte diesmal von einem Eingehen auf Ebba's scherzhaften Ton nichts wissen und hörte nicht aus, unter Schluchzen und Weinen ihrer Herrin die Hände zu küssen. Von Pentz' Seite, wie sich denken läßt, wurden allerlei Fragen gestellt, aber ehe Holk, an den sie sich vorzugsweise richteten, darauf antworten konnte, hörte man aus der Ferne schon den Pfiff der Locomotive, ein Zeichen, daß der erwartete Helsingörer Zug herankäme. Noch eine Minute, so hielt er, und trotzdem Wagenmangel war, gelang es doch, für Ebba ein besonderes Coups zu finden, worein sie gebettet und mit Plaids und Mänteln zugedeckt wurde. Karin setzte sich zu ihr, während die drei Herren in ein Nachbarcoups stiegen.
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Um acht hielt man ans dem Kopenhagener Bahnhofe, Wagen wurden heranbeordert, und als diese da waren, fuhr Pentz mit Ebba und Karin ins Palais der Prinzessin, während sich Erichsen und Holk in ihre Privatwohnungen begaben. Holk klopfte. Die schöne Frau Brigitte stand vor ihm und sagte: „Gott sei Dank, Herr Gras, daß Sie wieder da sind." Aber Etwas von Enttäuschung mischte sich doch sichtlich mit ein, was auch kaum anders sein konnte, denn gerüchtweise war gleich nach Eintreffen des Extrazuges von dem schrecklichen Ende des Grasen Holk und des Fräuleins von Rosenberg gesprochen worden, eine Sensationsgeschichte, wie sie sich Mutter und Tochter nicht schöner wünschen konnten. Und nun war der Graf doch am Leben und das Fräulein vielleicht auch oder Wohl eigentlich ganz gewiß. Es war doch auf nichts Verlaß mehr und gerade immer das Interessanteste versagte. Brigitte bezwang sich aber und wiederholte: „Gott sei Dank, Herr Graf. Wie wir in Angst um Sie gewesen sind . . . Und um das schöne schwedische Fräulein . . ."
Und bei diesen Worten ließ sie kein Auge von Holk, denn ihr nach einer bestimmten Seite hin geradezu phänomenal ausgebildetes Ahnungsvermögen ließ sie das gesammte Geschehniß, besonders aber das Intime darin, mit einer Deutlichkeit erkennen, als ob sie dabei gewesen wäre.
„Ja, meine schöne Frau Brigitte," sagte Holk, der entweder wirklich nur heraushörte, was wie Theilnahme klang, oder es heraushören wollte, „ja, meine