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Deutsche Rundschau.
Ist aber sonst ein guter Capitän, noch einer von den alten, die von der Pike an gedient haben. Er fährt also den 25., ersten Feiertag, sieben Uhr Abends."
„Und kommt an?"
„Und kommt an in Kopenhagen zweiten Feiertag früh. Das heißt um neun, oder vielleicht auch eine Stunde später."
Holk zeigte sich wenig erbaut von dem allen und nur, wenn er an Holkenäs zurückdachte, war er doch herzlich froh, die lange Zeit von mehr als zwei Tagen in Flensburg verbringen zu können. Er bezog ein Zimmer im zweiten Stock, das auf den Rathhausplatz hinaussah, und nachdem er mit leidlichem Appetit — denn er hatte seit dem Abend vorher so gut wie nichts genossen — eine verspätete Mittagsmahlzeit eingenommen, verließ er das Gasthaus, um an der Flensburger Bucht hin einen langen Spaziergang zu machen. Erst herrschte Dämmerung; aber nicht lange, so zogen in winterlichem Glanze die Sterne herauf und spiegelten sich aus der weiten Wasserstäche. Holk fühlte, wie der auf ihm lastende Druck von Minute zu Minute geringer ward, und wenn er sich auch nach wie vor keineswegs in einem Zustand von Seelenruhe befand, so galt das. Was ihm von Unruhe verblieb, doch mehr der Zukunft, als der Vergangenheit und hatte vorwiegend den Charakter einer gewissen erwartungsvollen Erregung. Er malte sich allerlei anheimelnde Bilder aus, Wie sie spätestens der nächste Mai herausführen sollte. Bis dahin mußte Alles geordnet sein; die Hochzeit war festgesetzt, und er sah sich in der von Menschen überfüllten Hilleröder Kirche. Schleppegrell hielt die Traurede; die gute Pastorsfrau war ergriffen von der Beredsamkeit ihres Gatten, und Vr. Bie freute sich, daß mit Hülfe einer schönen Schwedin ein schleswig-holsteinisches Herz für Dänemark erobert worden sei. In der kleinen Hostoge aber paradirte die Prinzessin, neben ihr die Schimmel mann und hinter beiden Pentz und Erichsen. Und dann verabschiedeten sie sich von Hilleröd und der Gesammtheit der Brautzeugen und fuhren in einem Extrazuge nach Kopenhagen und am selben Abend noch nach Korsör und Kiel, und in Hamburg war erste Rast. Und dann kam Dresden und München und dann der Gardasee mit einem Ausfluge nach Mantua, wo sie sonderbarerweise den Wallgraben, in dem Hofer erschossen wurde, besuchen wollten und dann ging es immer südlicher bis nach Neapel und Sorrent. Da sollte die Fahrt abschließen, und den Blick rechts nach dem Vesuv und links nach Capri hinüber, wollt' er die quälerische Welt vergessen, und sich selbst und seiner Liebe leben. Ja, in Sorrent! Da war auch eine so prächtige Bucht wie die Flensburger hier, und da schienen auch die Sterne hernieder, aber sie hatten einen helleren Glanz, und wenn dann die Sonne den neuen Tag heraufführte, da war es eine wirkliche Sonne und ein wirklicher Tag.
So kamen ihm die Bilder, und während er sie greifbar vor sich sah, stuthete das Wasser der Bucht dicht neben ihm, ernst und dunkel, trotz der Lichtstreifen, die darauf sielen.
Erst zu später Stunde war er wieder in seinem Gasthaus, und unter Lesen und gelegentlichem Geplauder mit Hillmann verging ihm der andere Tag. Als aber der Abend hereinbrach, trieb es ihn doch hinaus, durch die Straßen und Gassen der Stadt, und überall wo die Fensterläden noch offen oder nicht dicht