Aus Karl Friedrich Reinhard's Leben.
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An seinen Freund, den Justizrath G. A. v. Halem in Oldenburg schrieb er kurze Zeit darnach weit rückhaltsloser:
„Ich würde dem Directorium den 18. Fructidor vergeben, wenn es uns bessere Aussichten auf Menschenwohl oder Menschheit eröffnete. Aber mir däucht', wir kommen von allen Grundsätzen ab. Rechte der Menschen, Freiheit und Gleichheit, die einen Augenblick politisches Papiergeld waren, sind den Weg der Assignaten gegangen. Dabei hat das Benehmen der Franzosen so etwas entsetzlich Prahlhansiges und Kleinliches, daß bei allen ihren Prouessen und Gentillessen, jene im Felde, diese in Unterhandlungen, sich keine Achtung abgewinnen. Ihr Landungsproject scheint mir eine greuelvolle Windbeutelei, ihr Handelszwang eine allgemeine Aufforderung zur Zerstörung alles Verkehrs unter Nationen und alles Lebensgenusses, ihr Eroberung?- und Des- organisirungssystem eine colossalische Eitelkeit, wo auf der umgestürzten Pyramide die Spitze Volksglück unten steht, ihre Geldbeitreibung von neutralen Staaten ein Uicü-xocüsts-Streich, und nicht einmal, wie der Raub von Venedig oder dessen Verfälschen an eine Monarchie, eines großen bigbvm^inem's würdig. Mit unserem Traum von Menschheit ist es aus. Feigheit und Gewalt sind die Dämonen der Zeit."
Und er schließt mit einem Wort von Tronson Du Coudray, dem muth- vollen Vertheidiger der Königin Marie Antoinette, der auch zu den Opfern des 18. Fructidor gehörte:
„Des eriru68 xour tu liberts? Hon, jo n'on eonnum xoint; je n'v vom gu'un crime äs plus, eslui ä'nns borribls b^xoermis, cstui ä'uns suoritsZs tzmunnis."
Der 22. Februar war Christinens Geburtstag. Er wurde diesmal in Neumühlen, dessen geselliger Saal so oft die Familie und ihre Freunde versammelt hatte, als Abschiedsfest gefeiert. Reinhard hatte sich wiederum mit Versen eingestellt. Diesmal waren sie ganz nur den menschlichen Empfindungen des Tages gewidmet. Ihr bewegter Ton läßt deutlich erkennen, in welcher Stimmung Christine von den Ihrigen und aus einem Kreise schied, der Allen, die an ihm theilgenommen haben, „wie ein Hasen des Glückes und des Friedens erschienen ist, an dessen sichernden Schutz die Umgetriebenen in späterer Zeit niemals anders als mit sehnsüchtigem Verlangen zurückdenken konnten."
Die Verse lauteten:
Meiner Christine, am 22. Februar 1798, ihrem Geburtstage.
Kränze mit Blumen den Tag, Christine! die Flamme des Altars Zünde muthig Du selbst heute dem Genius an!
Ach! schon wenden die Blicke sich weg von dem Heerd' der Penaten,
Und das Feuer erlöscht selber am Fest, nicht ernährt.
Siehe, die Mutter kämpft mit dem Schmerz, sie denket des Tages,
Der Dich ihr gab, und des Tags, der in die Ferne Dich ruft.
Auch Du kämpfest! Dich zieht der Gemahl, Dich hieher die Freunde;
Siegerin, folgest Du mir, Siegerin, weil Du mich liebst!
Sieh' noch einmal sie Alle versammelt, Dein freundlicher Theetisch,
Dein Neumühlen ist hier, jedes verwandte Gefühl;
Dennoch ist verwandter dem Deinen die Liebe des Gatten,
Und Dein heiliger Schwur, auch nicht vom Wunsche verletzt.
Viel ist, was Du mir gibst, viel, was ich den Freunden entreiße,
Komm und weine mit mir, sanftes, entsagendes Weib!
Komm und lächle mit mir in die Thräne! mit heißer Umarmung Vor den Zeugen um uns, siegl' ich von Neuem den Bund,