Organisation und Unternehmensentwicklung 29
gen verbunden ist, die sich insbesondere bei erwerbstätigen Menschen auf die sich wandelnden Anforderungen am Arbeitsplatz beziehen, vielleicht besteht aber hier eine Parallele zu der Feststellung Strümpels,„daß die meisten Erwerbstätigen, die mit technischen Veränderungen am Arbeitsplatz konfrontiert sind, diese Änderungen eher wohlwollend beurteilen. Für die meisten ist die Arbeit interessanter und äußerlich komfortabler(freilich nicht seelisch weniger belastend) geworden. Insofern muß man wohl zwischen einer allgemeinen Arbeitszufriedenheit und einer spezielleren Arbeitsplatzzufriedenheit unterscheiden.“!0
Selbst wenn die These von Schmidtchen richtig sein sollte, daß die„neuen“ Tugenden zu wenig in Untersuchungen zur Arbeitszufriedenheit berücksichtigt werden, ist das Ergebnis der Untersuchungen von Noelle-Neumann und von Strümpel trotzdem wichtig, weil
— einerseits den„alten Tugenden“ offensichtlich von vielen, nicht nur von Noelle-Neumann selbst, nach wie vor große Bedeutung beigemessen wird,
— andererseits zu überlegen ist, welche organisatorischen und personellen Voraussetzungen erforderlich sind, um den Einstellungen der Arbeitnehmer hinsichtlich der„neuen“ Tugenden und zugleich den geänderten Anforderungen am Arbeitsplatz besser gerecht zu werden.
Damit besteht wiederum ein Berührungspunkt zu möglichen Ursachen und Auswirkungen des Wertewandels.
(2) Ansichten über die Ursachen des Wertewandels
Strümpel geht davon aus, daß die Menschen auf der Suche sind nach„einem neuen Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben“ und daß es dabei Probleme gibt,„weil über ein Viertel von ihnen die Sphäre der Arbeit bereits emotional abgeschrieben zu haben scheint: Arbeit ist für sie eine unerfreuliche Notwendigkeit oder ein Geschäft“.!!
Über die Ursachen hierzu liegt er im Streit mit Noelle-Neumann. Zwar konstatiert er, daß entsprechende Einflüsse von der Frühsozialisation, den Massenmedien und der zunehmenden Freizeitorientierung ausgehen. Er sieht jedoch eine Abwendung vieler Menschen von der Arbeitswelt, weil sie insbesondere im Bereich der Massenproduktion keine ausreichenden Entfaltungschancen bietet und mehr anbieten müßte als die Wahl zwischen„Arbeitslosigkeit und dem Status des kompromißlos engagierten Vollzeitarbeiters“.!2
Noelle-Neumann findet diese Betrachtungsweise zu eng. Eine Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse kann sie nicht feststellen, abgesehen davon, daß Arbeiter und Wissenschaftler Industriearbeit u. U. unterschiedlich beurteilen.