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Organisation, Führung und Personalmanagement : neue Perspektiven durch Flexibilisierung und Individualisierung / von Dieter Wagner
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Führung und Organisation 163

in der Führungsliteratur als auch in der Führungspraxis wird allgemein der ko­operative Führungsstil befürwortet. Dabei gewinnt man schnell den Eindruck, daß es von diesem Begriff unterschiedliche Begriffsinhalte gibt, die durchaus wiederum für sich das Kontinuum zwischenautoritär undkooperativ ab­decken können.

In diesem Zusammenhang weist Voßbein darauf hin, daß bei einer von ihm durchgeführten Untersuchung zwar 50% der befragten Unternehmen einen ein­heitlichen Führungsstil angeben, die Bezeichnung für die dem autoritären Füh­rungsstil entgegengesetzten Stilarten jedoch recht unterschiedlich sind und im­merhinca. 25% der Unternehmen einen an Autorität gebundenen Stil als ver­bindlich bezeichneten.5

Wie Bisani kritisch anmerkt, gibt es eine Vielzahl von Führungsmodellen und Führungslehren, welche als praxiskonform angeboten werden.® Raidt unter­scheidet z.B. zwischen 35(!) unterschiedlichen Prinzipien und Techniken der Führung, die von ihm als Führungs- und Organisationsmodelle bezeichnet wer­den. Wesser und Grunwald sprechen nicht von ungefähr von einem Dilemma der Führung.® Es besteht in dem grundsätzlich nur bedingt oder kaum zu erfül­lenden Bedürfnis vieler Führungskräfte nach Orientierungs- und Handlungs­modellen im Hinblick auf Handlungssituationen, deren optimale Beherrschbar­keit von einer Vielzahl von Variablen abhängt.

Wunderer nennt als kritische Aspekte des Konzepts der kooperativen Führung neben der vereinfachenden Diskussion der polaren Beschreibungssätzekoope­rativ undautoritär u.a. die Vernachlässigung der in diesem Buch mitbehan­delten strukturellen Führungsdimension sowie die einseitige Orientierung entwe­der am Vorgesetztenverhalten oder an den Mitarbeiterbedürfnissen.? Rieckhof wiederum verweist auf Grenzen der Mitarbeiterführung.!° Sie bestehen z.B. in der oftmals nur beschränkten Möglichkeit der persönlichen Einflußnahme durch den Vorgesetzten, in der Tatsache, daß Mitarbeiter zumindest zeitweilig ohne die Führung ihres Chefs auskommen, oder auch darin, daß Mitarbeiter durchaus auch einmal ihre Chefs beeinflussen und damit auch führen.

Der Führungsstil kann deshalb nur situativ-kooperativ sein.!! Führungsinstru­mente wie z. B. Führungsgrundsätze, Stellenbeschreibungen, Beurteilungssyste­me haben diese Tatsache zu berücksichtigen, wenn sie sich nicht, weil zu büro­kratisch, selbst disqualifizieren wollen. Führungsgrundsätze bzw. Leitlinien für Führung und Zusammenarbeit oder Führungsleitbilder sollten einen Handlungs­rahmen vorgeben, der im Sinne Neubergers stark durch symbolische Führung gekennzeichnet ist.!? Andernfalls besteht die Gefahr, Probleme von morgen mit Lösungen von gestern zu lösen!? und einem Organisationsmythos zu verfallen,!4 der einen realistischen Handlungsbezug vermissen läßt. Im richtig verstandenen Sinne müßten Führungsleitlinien wirklichkeitsbezogene Maximen der Zusam­