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Organisation, Führung und Personalmanagement : neue Perspektiven durch Flexibilisierung und Individualisierung / von Dieter Wagner
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Organisation, Führung und Personal 255

Am meisten verbreitet sind analytische Beurteilungssysteme, die mit Skalie­rungsmethoden arbeiten(Einstufungsverfahren). Andere Formen, wie z.B. die freie oder formlose Beurteilung(summarisch) oder Vergleichs- und Rangfolge­verfahren(analytisch), gibt es hingegen relativ selten. Noch selten, wenn auch in zunehmendem Maße, werden Einstufungsverfahren mit Zielkatalogen kombi­niert.

Beurteilungssysteme werden für verschiedenartige Zielsetzungen eingesetzt. Sie können zum Beispiel helfen, die Eignung für den gegenwärtigen Arbeitsplatz festzustellen, oder als Leistungsbeurteilung im Rahmen der Lohn- und Gehalts­festsetzung Verwendung finden. Nicht zuletzt verfolgen sie als Verwendungs­oder Potentialbeurteilung das Ziel, die Eignung für erst zu besetzende Positio­nen festzustellen(Versetzung auf gleichrangige Positionen oder Aufstieg).

Auch die Anlässe sind vielfältig. Beurteilungen können zum Beispiel erfolgen:

vor Ablauf der Probezeit,

Jährlich zur Entgeltüberprüfung,

alle... Jahre,

bei bevorstehenden Versetzungen,

bei Wechsel des Vorgesetzten,

zur Ausbildung/Förderung,

zur Ermittlung einer Leistungsprämie.*5

Es ist mittlerweile üblich und auch personalpolitisch sinnvoll, Beurteilungen gleichermaßen für Arbeiter und Angestellte zu verwenden. Umstritten ist je­doch, inwieweit Beurteilungsverfahren für möglichst viele Ziele und Anlässe zu­gleich eingesetzt werden können.

Systematische Berichte über die Erfahrungen bei der Durchführung von Beur­teilungssystemen4 sind kaum bekannt. Die wenigen wissenschaftlichen Unter­suchungen, die es hierzu gibt, weisen insbesondere auf statistisch-methodische und sozial-psychologische Fehlermöglichkeiten hin(z.B. Milde-Fehler, Halo­und Hierarchie-Effekt)*, die entweder für das formalisierte Beurteilungssystem oder für den Beurteilungsprozeß(insbesondere die Beobachtung, Beschreibung und Bewertung von Fakten und Vorgängen für das Beurteilungsgespräch) gelten können. Der Einsatz von Beurteilungssystemen entspricht nach Ansicht von Neuberger oft einerrituellen(Selbst-)Täuschung#. Gerade in letzter Zeit wur­de der Vorwurf erhoben, viele Unternehmen hielten vor allem aus bürokrati­scher Trägheit an den herkömmlichen Verfahren der Mitarbeiterbeurteilung fest.

Bestehen insbesondere die erwähnten methodischen Probleme zu Recht und geht man zugleich davon aus, daß Personalführung ohne regelmäßige Beurteilungen nicht funktionieren kann, dann liegt ein grundlegendes anwendungsbezogenes