262 Organisation, Führung und Personal
stens haben die Mitarbeiter bereits einen Ausleseprozeß bis zur Einstellung und während der Probezeit hinter sich, bis sie von einem Beurteilungsverfahren erfaßt werden. Zweitens erwarten die Mitarbeiter, daß der Vorgesetzte ihnen im Zeitablauf eine Steigerung ihrer Leistung oder Eignung attestiert. Drittens, und dies hängt mit dem letzten Punkt eng zusammen, beurteilen Vorgesetzte eher zu positiv, um Meinungsverschiedenheiten mit dem Mitarbeiter aus dem Wege zu gehen oder um die Erörterung negativer Sachverhalte zu vermeiden. Dies schließt nicht aus, daß es auch Vorgesetzte gibt, die eher zur strengen Beurteilung tendieren oder zur Mitte, um sich nicht festzulegen. Beide Gruppen sind jedoch relativ selten.
Die Tatsache, daß es diese Tendenzen zur Milde gibt, ist allerdings für sich noch kein Grund, auf Beurteilungsverfahren zu verzichten. Durch entsprechende Systempflege und Aufklärungsarbeit ist es durchaus möglich, diesen Tendenzen entgegenzuwirken. Hierbei handelt es sich einmal um die Präzisierung der Beurteilungsstufen und zum anderen um eine eingehende Schulung der Beurteiler.
Dabei kann auch eine weitere Erscheinung abgebaut, wenn auch nicht beseitigt werden, die ebenfalls in der einschlägigen Literatur häufig genannt wird: der Hierarchieeffekt. Er besagt, daß Mitarbeiter auf höheren Führungsebenen besser beurteilt werden als auf unteren Ebenen.
Dagegen blieben die Unterschiede der Beurteilungsmaßstäbe zwischen einzelnen Unternehmensbereichen, wenn auch auf abgemildertem Niveau, weiterhin bestehen.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Änderung des Beurteilungsverhaltens intensiver Information bedarf und mit einer gewissen Bewußtseinsveränderung der Beurteiler verbunden ist. In diesem Zusammenhang ist es noch relativ einfach, Argumente zu finden, um dem Hierarchieeffekt entgegenzuwirken: Maßstab der Beurteilung sind die Anforderungen an den jeweiligen Arbeitsplatz, gleichgültig, um welche Hierarchieebene es sich handelt. Insofern ist es unzulässig, von höheren Anforderungen auf die Notwendigkeit zu besseren Beurteilungen zu schließen.
Andererseits können Unterschiede zwischen einzelnen Ressorts, wenn überhaupt, dann nur allmählich beseitigt werden. So sind Bereiche, die straffer organisiert sind, wie zum Beispiel der Produktions- oder der Verkaufsbereich, durch härtere Beurteilungen gekennzeichnet als zum Beispiel das Marketing-Ressort. Durch eine regelmäßige Beobachtung der Beurteilungsergebnisse ist es jedoch möglich, auf allzu stark abweichende Resultate hinzuweisen, auch ohne Beurteilungsquoten vorgeben zu müssen. Hieraus wird allerdings deutlich, daß Beurteilungsverfahren einer permanenten Pflege bedürfen. Auch ist es mit Schulungsmaßnahmen bei der Systemeinführung nicht getan. Vielmehr ist ein Beurtei