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Organisation, Führung und Personalmanagement : neue Perspektiven durch Flexibilisierung und Individualisierung / von Dieter Wagner
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264 Organisation, Führung und Personal

werden kann. Darüber hinaus beurteilen die Vorgesetzten in vielen Fällen nicht mit denselben Maßstäben.

(3) Grenzen der Systematisierung

Beurteilungssysteme können zwar vielen methodischen Anforderungen nicht ge­recht werden, gleichwohl sind sie aber bei permanenter Pflege als Instrument der Personalführung arbeitsfähig.

Sie würden jedoch falsch eingesetzt, wenn sie für zu viele Zwecke gleichzeitig herangezogen werden. Insofern müßte man säuberlich zwischen den eingangs er­wähnten Zielen und Anlässen unterscheiden und u. U. jeweils verschiedene Ver­fahren vorsehen(Probezeitbeurteilung, Leistungsbeurteilung, Eignungsbeurtei­lung). Beurteilungssysteme werden überstrapaziert, wenn man sich zuviel von ih­nen verspricht. In manchen Unternehmen gelten sie als wesentlicher Baustein von Personalentwicklungssystemen, obwohl Beurteilungsergebnisse nur einen Anhaltspunkt neben anderen für die Übernahme einer neuen Tätigkeit darstel­len.

Ein wesentlicher Grund für die Abneigung vieler Mitarbeiter gegen Beurteilun­gen liegt darin, daß die regelmäßige Beurteilung für alle Mitarbeiter in vielen Un­ternehmen mittlerweile zum Fetisch erhoben worden ist. Oftmals dient sie ledig­lich der nachträglichen Festschreibung der seit Jahren in unveränderter Höhe ausgezahlten Leistungsprämie, die zudem nur einen geringen Anteil am Gesamt­entgelt ausmacht. Viele Mitarbeiter in einfachen Positionen wollen nicht beur­teilt werden, weil sich an den wesentlichen Komponenten ihrer Arbeitssituation seit Jahren nichts geändert hat. Andere Mitarbeiter hingegen wünschen es aus­drücklich, beurteilt zu werden, um vom Vorgesetzten Aufschluß über ihre Leistung oder Eignung zu erhalten.

Insofern sollte man Beurteilungsverfahren in stärkerem Maße als bisher situativ einsetzen, z.B. wenn der Mitarbeiter oder wenn es der Arbeitgeber wünscht. Letzteres könnte zur Entscheidungsbegründung für anstehende Beförderungen und Versetzungen oder beim Wechsel des Vorgesetzten sinnvoll sein.

Andererseits sollten Beurteilungsverfahren für Führungskräfte durchaus regel­mäßig zum Einsatz kommen. Schließlich ist das Führungsverhalten eine wesent­liche Komponente im Anforderungsprofil für Führungskräfte. Dabei ist aller­dings Neuberger zuzustimmen, daß nicht nur die Mitarbeiter von den Vorgesetz­ten, sondern auch die Vorgesetzten von den Mitarbeitern beurteilt werden müß­ten. Schließlich sind beideSeiten ein Bestandteil der Führungsorganisation, und die Leistung oder Eignung eines Mitarbeiters kann sich u. U. wesentlich ver­ändern, wenn der Vorgesetzte gewechselt hat.