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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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Das Verhalten dieser Schüler ist durch große Widersprüchlichkeit ge­kennzeichnet: Sie können sehr offen und aufgeschlossen sein, ziehen sich aber auch häufig ausgesprochen zurück, kapseln sich ein, sind kaum noch ansprechbar. Einige wirken abgestumpft und sind äußerst kontaktarm.

Sie offenbaren ein großes Bedürfnis nach Zuwendung, manche Kinder benötigen unbedingt Körperkontakt, hängen sich förmlich an den Lehrern und Lehrerinnen fest, haben kaum noch Grenzempfindungen. Sie sind voller Mitleid für Schwächere und sozial Benachteiligte, sind hilfsbereit und sozial ansprechbar. Zugleich aber können sie von demonstrativer Härte sein und erbarmungslos ausgrenzen. Neben Empfindsamkeit und Sensibilität kommt es zu Aggressivität, gepaart mit rüdem Umgangston und schwer zu ertragender Lautstärke.

Sie wollen rasche Entscheidungen, verwickeln aber Erwachsene ebenso oft in endlose Debatten, selbst wenn es um Geringfügigkeiten geht.

Sie werden sich ihrer Einmaligkeit als Persönlichkeit zunehmend be­wußt, unterwerfen sich aber bereitwilliger als in den ersten Schuljahren Gruppendruck- vor allem, was Kleidung und andere materielle Besitztü­mer betrifft. Von ihrer geistigen Entwicklung her drängen sie nach deutli­cher Strukturierung des Wissens, ihre geistigen Ansprüche wachsen, sie geben deutlich ihre Suche nach dem Sinn des Lernens kund- positiv wie negativ-, zeigen aber oft wenig Neigung, erhebliche Anstrengungen zur Realisierung eigener Ziele zu unternehmen.

Die Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren sind von besonders hoher Af­finität zu sinnvermittelnden Werten in Schule und Gesellschaft und vor allem auch von höchster Empfänglichkeit für die Arten ihrer Vermittlung. Lehrer weisen zum Beispiel darauf hin, daß es an einigen Schulen auf die­sen Klassenstufen bereits ausgesprochene Rechts- und Linksgruppierungen gibt.

2.3 Kinder, Eltern, Umfeld

Kinder 5. und 6. Klassen sind auf dem Wege, sich von ihren Eltern zu 15ö­sen, brauchen sie aber zugleich in besonders hohem Maße als Gesprächs­partner und Berater, wobei die komplizierte soziale Situation im Lande es Eltern infolge persönlicher Sorgen- vor allem um ihren Arbeitsplatz- häu­fig sehr erschwert, sich auf ihre widerspruchsgebeutelten Kinder einzu­stellen. Hinzu tritt die unterschiedliche Umgangsweise der Eltern mit dem Problem des Besuchs weiterführender Schulen. Obwohl Brandenburg die Gesamtschule favorisiert, streben viele Eltern durchaus auch für ihre Kin­der das Gymnasium an und üben Druck auf die Zehn- bis Zwölfjährigen aus. Andere hingegen kümmern sich zu wenig um Schullaufbahnentschei­dungen ihrer Kinder, überlassen sie dabei weitgehend sich selbst.