Schließlich: Auf Grund der sehr bewußten Wahrnehmung ihrer Umgebung und der Entwicklungen in anderen Elternhäusern beginnen Fünftund Sechstkläßler soziale Unterschiede mehr als vorher zu verinnerlichen. Nun kann man zwar nicht sagen, daß es zu DDR-Zeiten keinerlei soziale Unterschiede gegeben habe- das entspräche keineswegs den Tatsachen-, eine krasse Konfrontation mit dem Wert von Geld und Besitz erleben die Kinder vielfach jedoch erst jetzt. In einigen Gebieten Brandenburgs ist diese Polarisation zwischen arm und reich noch dazu besonders stark.
Und: Die Kinder müssen lernen, wie man in einer Demokratie lebt, welche Rechte und Pflichten man hat- das sind schwierige Prozesse. Sehr deutlich bringt das die Äußerung eines Elfjährigen zum Ausdruck:”Wir leben jetzt in einer Demokratie, da kann ich machen, was ich will.”
Alle Widerspruchsverhältnisse zeigen sich individuell sehr unterschiedlich. Das ist selbstverständlich. Es gibt auch die ganz glatten Fälle, die friedlichen und“pflegeleichten” Schüler.
2.4 Vorläufiges Resümee
Faßt man alle Probleme zusammen, so kann man die Situation der Fünftund Sechstkläßler am besten so umreißen:
Sie sind auf der Suche
Diese Suchprozesse lassen sich in einer Grundschule, die sie als älteste Schüler in einer Gemeinschaft akzeptiert, ihnen Erfahrungs- und Betätigungsräume schafft, die sich zum Umfeld der Schule öffnet- zum polnischen Nachbarn in Frankfurt(Oder) ebenso wie zur Umweltbegegnungsstätte Zippelsförde in Neuruppin, zur Verwaltung der Kommune ebenso wie zum Asylantenheim nebenan, zu Fontanes Wanderwegen wie zur Gedenkstätte Sachsenhausen, zu den Problemen der Obdachlosen wie zu den Kunst- und Kulturtraditionen Potsdams- und die den Kindern ein Ort der Geborgenheit zu sein versucht, ihnen Schutz und Freundlichkeit gewährt, im Sinne positiver Wendungen für das einzelne Kind durchaus weitgehend befördern. Eine der wichtigsten Voraussetzungen hierfür sind Lehrer, die ihnen zuhören, die Geduld mit ihnen haben, auch wenn sie zuweilen nahezu unerträglich strapaziert wird, die Signale der Kinder nach Hilfe zu deuten verstehen, ihnen ihr Erwachsenen-Wissen zur Verfügung stellen, sie unterstützen und beraten. Dazu gehört auch, daß möglichst viel Unterricht auch in den Klassen 5 und 6 in einer Hand verbleibt.
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