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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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Dieser kurze historische Exkurs zeigt, daß es zwar Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Notwendigkeit von Freiarbeit gibt, aber auch sehr unter­schiedliche Auffassungen zur Realisierung. Die Frage nach dem Warum freier Arbeit in der Schule von heute, wird in der einschlägigen Literatur aus verschiedenen Begründungszusammenhängen heraus beantwortet. Folgende Begründungen mögen zum Nachdenken anregen:

e Erkenntnisse aus der Lernpsychologie verweisen darauf, daß das Lernen nicht als passiver Nachvollzug fremder Gedanken zu verstehen ist, son­dern als aktive Erzeugung eigener Sinnstrukturen. Aus dieser Einheit von Denken und Handeln leitet sich die pädagogische Forderung nach handlungsorientiertem Lernen in möglichst offenen Situationen ab.

e Die veränderten Lebensbedingungen der Kinder, die sich festmachen lassen an Veränderungen im demographischen Bereich, in der gegen­ständlichen Austattung von Kindheit, im Raumerleben sowie im Um­gang mit dem Fernsehen bleiben nicht ohne Konsequenzen für die Ent­wicklung der Psychomotorik, dem Aufbau kognitiver Strukturen und für die psychosoziale Entwicklung. Auf diese Zusammenhänge haben Rolff und Zimmermann bereits 1985 aufmerksam gemacht(vgl. Rolff/Zim­mermann 1985).

Der damit oftmals verbundene Verlust an Primärerfahrung einerseits und

die Zunahme von Fremdbestimmung durch die Verlockungen der hoch­

technisierten Welt darf sich in der Schule nicht fortsetzen. Deshalb sollten wir weniger auf das Konsumieren von Resultaten setzen, sondern

Eigentätigkeit und Unmittelbarkeit in freier Arbeit fördern.

e Aus dem Letztgenannten resultiert u.a. auch die zunehmende entwick­lungs- und erfahrungsbedingte Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und Schüler in altershomogenen Gruppen. Ohne Individualisierung und Dif­ferenzierung können wir dem Einzelnen nicht mehr gerecht werden. Außerdem sei darauf aufmerksam gemacht, daß gerade in den Klassen­stufen 5 und 6 die entwicklungspsychologische Situation der Kinder nach eigeninitiativem Handeln drängt. Gerade sie benötigen Gelegen­heiten selbstbestimmten und selbstverantworteten Lernens(vgl. Felger­Pärsch in diesem Bd.).

Freies Arbeiten fängt bei mir selber an!

Ein freies Arbeiten von Schülern, wie es zahlreiche Erfahrungsberichte und Videos oft schillernd darstellen, ist nicht voraussetzungslos zu haben. Freie Arbeit, verstanden als

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