„...klar definierter Raum, in dem der einzelne Schüler Gelegenheit zu selbständiger Arbeit nach eigener Wahl und eigenem Rhythmus in frei gewählter Sozialform hat“ (Bastian 1993, 5.7),
muß gelernt werden. Das im Begriff enthaltene Adjektiv„frei“ verweist nicht nur auf ein Freisein- von- etwas, sondern ebenso auf ein Freisein für- etwas. Insofern stimme ich Krieger zu, wenn er aus der Erfahrung mit freier Arbeit in der Sekundarstufe I feststellt, Freiarbeit:
„...1st das Ergebnis einer(methodisch-didaktischen) stufenweisen Heranführung an die selbständige schulische Arbeit“(Krieger 1994, S. 201).
Dieser Prozeß beginnt beim Selbstverständnis der Lehrerin/des Lehrers,
ihrem Bild vom Kind und dem kritischen Überdenken der bisherigen Leh
rerrolle- ein Denken, weg vom lehrerzentrierten Unterrichten und hin zum schülerorientierten pädagogischen Arbeiten, das nicht zuerst dem zu vermittelden„Stoff“ verpflichtet ist, sondern dem Kind.
Für diese„Selbstüberprüfung‘ könnten folgende Fragen hilfreich sein:
e Habe ich den Mut, vertraute Wege der Unterrichtsgestaltung zu verlassen?
se Gewährt mein bisheriger Interaktionsstil jedem Schüler den notwendigen Handlungsfreiraum?
e Habe ich genügend Vertrauen in Fähigkeit des Kindes seinen Lernprozeß selbst aufzubauen und zu steuern?
e Bin ich bereit, Verantwortung an die Schüler abzugeben?
e Bringe ich die notwendige Geduld auf; Suchprozesse einzelner Kinder zu ertragen und nicht sofort steuernd einzugreifen?
e Sind meine diagnostischen Fähigkeiten genügend entwickelt, um aus den Beobachtungen selbstgestalteter Lernprozesse Konsequenzen für die weitere individuelle Förderung der Kinder abzuleiten?
e Gibt es in meiner Klasse ein System von Regeln, das gemeinsam mit den Kindern erarbeitet wurde und ein rücksichtsvolles Miteinander in der freien Arbeit gewährleistet?
e Bin ich bereit, meine Klassentür zu öffnen und im Team mit anderen Lehrkräften zusammenzuarbeiten?
e Bin ich stark genug, auch Anfechtungen zu ertragen?
Wie immer die Beantwortung der Fragen bei dem Einzelnen ausfallen mag, halbherzige Entscheidungen sollten vermieden werden, sie bewahren Lehrer und Schüler vor Enttäuschungen(gemeint ist nicht der Beginn freien Arbeitens in kleinen Schritten). Habe ich mich jedoch entschlossen, gemeinsam mit den Schülern diesen Weg zu beschreiten, so brauche ich Verbündete und das sind zunächst die Schülerinnen und Schüler selbst. Es gilt zu erkunden, welche Erfahrungen sie mit freiem Arbeiten in den zurück
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