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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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Freundlichkeit, Offenheit)- Lenkung des Unterrichts(Ausmaß der Kon­trolle Gewährung von Freiraum, Redeanteile, Aufforderungsverhalten usw.) Gleichzeitig wird hier als Lücke sichtbar, daß ursprünglich didakti­sche Aspekte wie das"Durchschaubarmachen" des Inhalts(das Erklären, Vereinfachen) oder das Organisieren und Steuern des Lehrens und Lernens (Zustandekommen und Aufrechterhalten von sachlich geprägter Zusam­menarbeit) zu wenig berücksichtigt erscheinen.

Untersuchungen der neueren Schulpraxis, die beispielsweise auch die Erwartungen der Eltern einbeziehen, sind wenig vorhanden. Für die Grundschulpädagogik bedeutsame neuere Forschungsarbeiten zum Thema soziale Beziehungen und soziales Lernen liegen von Petillon vor.(1982, 1987, 1993) Petillon(1982) hat in 4 Grundschulklassen die zentralen In­teraktionsbereiche Lehrer-Schüler, Lehrer-Schülergruppe und Schüler­Schülergruppe untersucht und ein Modell der Schulklasse als soziales Sy­stem entwickelt.

Beiträge aus der Kindheitsforschung/von sozialpädagogischen Untersuchungen

Die Kinder, die in den Klassen 5 und 6 lernen, sind im Alter von 10-12 Jahren. Sie stehen an der Schwelle zu einem Veränderungsprozeß im ko­gnitiven, sozialen und psychischen Bereich, der auch mit körperlichen Veränderungen begleitet ist, insbesondere bei den Mädchen. Basierend auf entwicklungspsychologischen Erkenntnissen wird in der Erörterung von der Position aktiver Teilnahme der Kinder ausgegangen, wonach die diffe­renzierten Prozesse der Veränderung nicht als Negativum und Störendes, sondern als Chancen für die Entwicklung der Individualität der Kinder und als Herausforderung für die an ihrer Bildung und Erziehung Beteiligten, insbesondere der Eltern und Lehrer gesehen werden.(Piaget 1973, Kirsch 1995) Auch an die vieldiskutierte Lebensweltproblematik sollte m. E. statt einer"Betroffenenpädagogik" von einer Strategie der"pädagogischen Zu­versicht" herangegangen werden, obwohl die Aussagen von Untersuchun­gen ernst zu nehmen sind: Die"veränderte Kindheit" ist schon auch in vielem eine aktuelle Armut der Kindheit. Andererseits ist es ein Faktum, daß die Kinder heute früher und unabhängiger eigene Entscheidungen über ihr Leben treffen wollen, die z. B. mit ihrer Kleidung, mit der Freizeitge­staltung, mit dem sozialen Umfeld zusammenhängen. Ebenso wird das Kind in einigen gesellschaftlichen Bereichen- Werbung, Konsumtion ­durchaus schon gezielt als freies, handelndes Subjekt angesehen, was mit seiner aktuellen gelebten Rolle in der Institution Schule durchaus in Wi­derspruch geraten kann. Es ist schon wichtig, z. B. nach dem Anspruch zu

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