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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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fragen, den die Kinder an Mitwirkung und Mitgestaltung im Unterricht (Themenwahl, Methoden) haben. Wenn"Lebenswelt" als ein intersubjektiv konstituierter Deutungszusammenhang des Subjekts verstanden werden soll, in dessen Zentrum die jeweilige Handlungssituation des einzelnen steht, dann heißt das für Reflektionen vor allem, nicht mit vorschnellen Kategorisierungen und Beschreibungen der Kinder heranzugehen, sondern eher zu versuchen, in den kooperativen und kommunikativen Handlungs­situationen des Unterrichts offen dafür zu sein, wie sich das Milieu des Alltags der Schüler hier spiegelt und zu versuchen, eine Brücke zur Le­benswelt der Kinder aufzubauen, Lernen und Leben zu verbinden. Inwie­weit jedoch die praktizierenden Lehrer von heute, die natürlich auch in ei­ner"Lebenswelt" eingebundene Menschen sind und deren Arbeitsbedin­gungen sich eher verschlechtern als verbessern, darauf eingestellt und vor­bereitet sind, erscheint auch nicht nebensächlich. Das gilt insbesondere für die Situation in den Schulen der neuen Bundesländer.

Grundschulpädagogik

In den theoretischen Konzeptionen für die pädagogische Arbeit in den Grundschulen findet der Gedanke der sozialen Einbindung des Lehrer- und Schülerhandeln in schulisches Lernen einen breiten Konsens.(Grund­schule 2000 u.a., Faust u.a. 1995.) Sie berücksichtigen die Erkenntnis, daß gerade in der Primarstufe die individuelle Entwicklung der Kinder von der Struktur und der Qualität der Bindungen und sozialen Beziehungen abhän­gig ist.(Krappmann/Oswald 1995) Insofern sind Geborgenheit, Offenheit, Achtung des Kindes als Subjekt, Kinderfreundlichkeit von Schule, Sinn­gebung des Lernens für das Kind diese Konzepte prägende Grundgedan­ken, und es ist auf der Primarstufe weniger umstritten als auf der Sekun­darstufe, daß schulisches Lernen ein demokratisches Innenleben in demo­kratischen Strukturen benötigt, eine offene Atmosphäre, in der sich Lehrer wie Schüler wohlfühlen können und ihre Individualität einbringen. Damit sind für das Thema Prämissen aufgezeigt, die auch für die Sekundarstufe immer notwendiger und wünschbarer werden. Inwieweit dieses Erwar­tungsbild in der Realität der Lehrer-Schüler-Beziehungen im Unter­richtsalltag tatsächlich erkennbar ist, welche Lehrer- und Schülerhandlun­gen den Unterricht in den Klassen 5 und 6 tatsächlich konstatierbar sind, gehört aber dennoch zum Spektrum wünschbarer Fragestellungen für künftige Untersuchungen. Hierbei kann in methodologischer und theoreti­scher Hinsicht an Arbeiten von Petillon angeknüpft werden, der die Inter­aktionen zwischen Lehrern, Schülern und Schülergruppen in vierten Grundschulklassen untersuchte, auch wenn das Unterrichtshandeln nicht

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