Druckschrift 
Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
Entstehung
Seite
110
Einzelbild herunterladen

schaftlichen Umbrüchen hinzu. Einerseits machen sie im Vergleich zu El­tern und Lehrern vielleicht schneller und unbefangener ihre Erfahrungen mit der neuen Gesellschaft, andererseits sind sie stärker an die Entwick­lung der Familie und die Orientierung an Erwachsene gebunden als west­deutsche Kinder und Jugendliche. Im gegenwärtigen Transformationspro­zeß in den neuen Bundesländern wirken zweifellos auch eine andere Aus­bildung und Erfahrungspraxis der Lehrer nach. Freilich muß man insge­samt von einer sehr differenzierten Lage ausgehen, darf nicht pauschalisie­rend urteilen und nicht übersehen, daß es auch mitgebrachte"Stärken" gibt, die gerade für die Entwicklung sozialer Beziehungen positive Bedin­gungen schaffen.(Döbert 1996, Riedel u.a. 1995, Leutert in Buhren/Rolff 1996)

Fazit: Es scheint die Annahme berechtigt, daß wegen der besonderen gesellschaftlichen Determination von Lehrer-Schüler-Beziehungen Ver­gleiche und sachbezogene Rückschlüsse aus früheren Untersuchungen der alten Bundesländer nur bedingt produktiv sein können. Es sind offenbar "neue" Fragestellungen herangereift, die in vielem auch neue wissen­schaftliche Bearbeitung erfordern.

Plädoyer für notwendige und wünschbare Untersuchungen für die Klassen 5 und 6

Wenn man den von Petillon vorgeschlagenen Kategorisierungen folgt, der als Aspekte des Lehrerverhaltens Erwartungen- Wahrnehmungen- Hand­lungsentwürfe- Verhalten unterschied(Petillon 1982, S. 24 ff.), ergeben sich gut nutzbare Leitgedanken für die forschungsmethodische Herange­hensweise. Auf einige intentionale und inhaltliche Überlegungen soll auf­merksam gemacht werden.

Ausgehend von den bereits diskutierten Zugängen kann man begründet annehmen, daß es unter den Lehrern differenzierter gewordene, aber den­noch durch die Erfahrungen in der DDR-Schule mitbestimmte Erwar­tungsbilder und Wahrnehmungen gibt, die auch verfestigte Einstellungen verdeutlichen können, zu vermuten besonders in den häufig als alternativ aufgefaßten Aufgabenstellungen fachliches Lernen zu organisieren bzw. sich den Lebensproblemen der Kinder zu stellen. Man kann auch anneh­men, daß die Erwartungen von Eltern nicht identisch sind mit den der Leh­rer und Schüler. Wahrscheinlich ist, daß die Erwartungsbilder von Lehrern eher lern-und aufgabenbezogen, die von Schülern eher subjektiv und le­bensweltbezogen sind, daß es in bezug auf den Vergleich von Lehrern und Eltern Grundverständnisse gibt, die in Richtung der Dimension von Für­sorge, Zuneigung und Vertrauen gehen. Daß es in bezug auf die Wahr­

110