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Lernen in den Klassen 5 und 6 : Werkstattheft / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Wiss. Red.: Barbara Wegner
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2.2 Die schulformunabhängige(integrierte) Orientierungsstufe des Deut­schen Bildungsrates

Die Orientierungsstufenkonzeption des Deutschen Bildungsrates(1970) verstand sich ausdrücklich als eine Reformmaßnahme innerhalb eines um­fassenden, schrittweise zu realisierenden Gesamtplans zur Um- und Neu­gestaltung des bundesrepublikanischen Schul- und Bildungswesens. Nach dem damals vorgelegten Programm sollte die Orientierungsstufe einzig unter der Voraussetzung eingeführt werden, daß analog dazu bzw. in zeit­lich versetzter Folge grundlegende strukturelle, organisatorische und vor allem curricular-inhaltliche Veränderungen im Schulwesen erfolgen wür­den. Insbesondere sollte dies für die Aufhebung der vertikalen Gliederung gelten, um die angestrebte Horizontalisierung schnellstmöglich umsetzen zu können.

In einem dann nach Stufen gegliederten Schulwesen sollte die Orientie­rungsstufe mit den Klassen 5 und 6 als eine Art Gelenkstelle zwischen dem Primarbereich und dem Sekundarbereich I wirksam werden. Mit ihrem Namen wird die Hauptfunktion benannt, die da Orientierung heißt. Damit wurde erstmals eine Phase des Übergangs dem Ziel und dem Zweck unter­stellt, den zehn- bis zwölfjährigen Schüler/-innen vielfältige Möglichkeiten zu geben, sich zu erproben, zu erkennen und zu bewähren.Orientierung heißt zunächst subjektiv das Erkennen der eigenen Lernmöglichkeiten und Interessengebiete zur Vorbereitung auf die spätere Wahl eines geeigneten Ausbildungsschwerpunktes.* Jedoch wird das orientierende Lernen nicht ausschließlich subjektiv gesehen, sondern zweiseitig sowohl als ein Orien­tieren über eigene Lernmöglichkeiten als auch als eines über die Bildungs­angebote und-chancen der weiterführenden Schule.

Ferner ist die Orientierung auf die neuen Anforderungen des Se­kundarbereiches gerichtet, die dem Schüler erst einsichtig gemacht werden müssen.(...) Das Curriculum muß so organisiert sein, daß es für den Schüler eine bestimmte Anzahl von Wahlmöglichkeiten bietet, wobei sich diese Wahlmöglichkeiten auch in ihrem Schwierigkeitsgrad unterscheiden sollen, so daß er seine Fertigkeiten an ihnen erproben kann(...). Ein wich­tiges Organisationsprinzip des Curriculums in der Orientierungsstufe ist in diesem Zusammenhang der inhaltliche Bezug zu den späteren Anforderun­gen. Dies schließt eine stärkere Ausdifferenzierung der Lernangebote in Fachdisziplinen ebenso mit ein, wie die Zulassung eines äußerlich diffe­renzierenden Leistungskurssystems in der ersten Fremdsprache. Darüber hinaus sollte das Lernen in Projekten in besonderem Maße der Orientie­rung zur Erkennung eigener Lernmöglichkeiten dienen. Indem Schüler/­innen sich unmittelbar anknüpfend an ihre Interessen mit Lerngegenstän­den beschäftigen können, die nichtals Gelegenheit zur Vermehrung des

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