Die Institution Grundschule wird die Bedingungen, die sie für das Lernen und Leben ihrer Kinder bereitstellt, mehr oder weniger drastisch je nach Situation verändern müssen. Der Förder- und der Lernbegriff werden zu erweitern sein. Beispielsweise wird fördern zukünftig auch bedeuten müssen, ein Kind in seiner Gefühlslage soweit zu stabilisieren oder in seiner Konzentrationsfähigkeit so zu stärken, daß es überhaupt erst‘aufnahmebereit’ für schulisches Lernen und Arbeiten wird. Was die Grundschule bei ihrer ständig anspruchsvoller werdenden Praxis immer weniger verkraften kann, sind Zeit-, Lehrplan- und Selektionsdruck. Deshalb sollte eine sechsjährige Grundschule zumindest bis zum 4. Schuljahr von jeder Leistungsbeurteilung anhand des Notensystems freigehalten werden.
Zusammengefaßt ergeben sich für eine sechsjährige Grundschule gegenüber einer Förderstufe/Orientierungsphase im Sekundarbereich I oder einer schulformunabhängigen Orientierungsstufe drei entscheidende pädagogische Vorteile.”
1. Die Schüler/-innen können in einem durchgängigen Bildungsgang verbleiben, ggf. kann dadurch ein weiterer Schulwechsel vermieden werden.
2. Die in der Grundschule praktizierten Lehr-/Lernformen, Arbeits- und Unterrichtsverfahren unter besonderer Berücksichtigung eines ganzheitlichen Lernbegriffs, einer umfassenden individuellen und sozialen Förderung sowie eines pädagogischen Leistungsverständnisses könnten(in den Klassen 5 und 6) übergangslos fortgesetzt werden. Die Grundschule würde als sechsjähriger Bildungsgang im gesamten Schulwesen gegenüber den weiterführenden Schularten aufgewertet werden, was sowohl für ihre Reformnotwendigkeit als auch ihr Reformpotential nur gut wäre.
3. Mit der gemeinsamen Unterrichtung bei gleichzeitig zunehmender fachlicher Leistungsdifferenzierung in den Jahrgangsstufen 5 und 6 würde die sechsjährige Grundschule eine Orientierungsfunktion hinsichtlich der subjektiven Lernmöglichkeiten und den objektiven Anforderungen der weiterführenden Schulen haben. Durch den Einsatz von Lehrer/innen aus allen Schulformen des Sekundarbereichs I könnte nicht nur eine deutlich verbesserte Kooperation zwischen diesen und der Grundschule erreicht werden, sondern vor allem praktisches Wissen über das schulische und außerschulische Lernen von Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren gewonnen und den weiterführenden Schulen vermittelt werden.
“Daß die schulformabhängige Orientierungsstufe hier nicht erwähnt wird, liegt in ihr selbst begründet. Denn jede Form gemeinsamen Lernens in den Klassen 5 und 6 stellt gegenüber diesem Modell einen erheblichen pädagogischen Fortschritt dar.
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