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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
Entstehung
Seite
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entſchrift en Fort Talmud ſich da­Schreib ig meine

Hand theils mit der Feder auf dem Papiere, theils mit der Kohle an den Wänden oder mit der Kreide an Tiſchen und Bänken, wie auch an den bauchigen Töpfen und anderem dunklen Ge­ſchirr. Ach, wie freute ſich mein Samuel, als ich auf den neuen Sohlen friſch verfertigter Stiefel ſeinen Namen ſchrieb! Immer ſah er meine Probeſchriften, wenn er ſie auch aus Unwiſſenheit meiſtens verkehrt in Händen hielt, mit vollem Entzücken an. Ich belehrte ihn zuweilen, wie man eine Schrift anſehen müſſe und er geſtand mir dann, daß ſie auch wirklich nach dieſer Richtung hin weit ſchöner ausſehe. Späterhin genügte mir jedoch die eine und dieſelbe Schrift­gattung nicht; ich begann die Druckbuchſtaben des Gebetbuches nachzuahmen, ſchrieb mehrere Segensſprüche aus demſelben ſchön ab und legte ſie dann auf den Teller des Samuel, ſo oft man zu Tiſche ging..

Die lebhafte Bewegung meines Gemüthes iſt auch von nun an mehr und mehr zum Vorſchein gekommen, aber in einer Form, wie ſie freilich nur an einem Chaſſiden zum Ausdruck kommt. Ich betete im Jolleshauſe mit ſingender, jubelnder Stimme, ahmte die verſchiedenen Geberden und Stellungen der Himmelsſtürmer nach, drehte mir unaufhörlich die Peies(Schläfenlockem, benetzte mir mit frommem Sinn die Fingerſpitzen, rieb mir dann die Hände und ſchlug ſie klatſchend zuſammen, die Augen begeiſtert nach oben gerichtet. Zehnmal ging ich während des Betens hinaus, um, wenn ich zurückkomme, mir ſiebenmal die Hände zu begießen, ich ergriff dann das Handtuch und ſprach mit bewegtem Haupte;Ge­lobt ſeiſt du Gott, der du den Menſchen gebildek und ihm Deffnungen geſchaffen, damit er vor dir beſtehen Fune Amen. Samuel war hoch entzückt über meine Frömmigkeit, alle Grundelemente des chaſſidiſchen Lebens ſah er in mir leben­dig werden. Aus allen Kräften ſuchte er dieſelben in mir