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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
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gelernt ei, meinegojiſchen cheidniſchen) Schuſtergeſellen bringen das Zeug in zwei Tagen ihm bei!

Alſo dachte Samuel, meine beiden Mütter nicht minder und beharrten im alten Geleiſe ihrer unverrückbaren Denk­art. Auch ich ſtürmte dahin, ſtolz auf mein gehörntes Ge­weih und ſchaute verblüfft auf die Dinge, die in meine Ge­müthsart nicht ſtimmten. Noch einmal hatte der Mond zwölfmal die Erde umkreiſt und noch immer ſaß ich im Bet­haus der Jolles, prüfend und wägend die geheimen Schätze des Talmud . So rollte denn auch mein vierzehntes Jahr zu den vergangenen Jahren hinab.

Aber der tüchtige Hirſch Ben Zion Barat, der in ü der­ſelben knechtiſchen Welt geboren, aber in feinen männlichen Jahren, fühlend die edle Kraft ſeines Geiſtes, plötzlich die Feſſeln geſprengt, ſtrebte mit raſtloſer Mühe Väter und Mütter für den Schulbeſuch ihrer Kinder willig zu ſtimmen. Meinen Samuel kannte er wohl; er war von jeher ſeine Kunde und zu jeder Zeit willkommen; mich auch kannte er als feinen zukünftigen ‚Kadyſch und vernahm oft Dinge von mir, aus denen er meine Bildungsfähigkeit erkannte. Ein­gedenk meines vorgerückten Alters, ſann nun der Kluge auf Mittel, die den Samuel bewegen könnten, mich in die Schule zu ſchicken; offenbar, dachte er, könne das nur durch Benützung einer ſeiner Schwächen geſchehen, denn der Verſtocktheit frommt keine Ueberredungskunſt. Mit dieſem Entſchluſſe im Herzen trat er eines Nachmittages bei Samuel ein. Dieſer kam ihm ſofort mit Ehrerbietung entgegen(denn die Kunde bemühte ſich ja ſelber zu ihm, ſtellte ſogleich den beſſern Seſſel hin, bat ihn zu ſitzen, und reichte ihm höflich die geöffnete Tabaks­doſe. Nun beſtellte ſich Jener ein Paar doppelgeſohlte Stiefel für den nahenden Winter und ließ das Maß ſich nehmen. Unterdeſſen redeten beide Verſchiedenes mit

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