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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
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ER

ich ins Licht? o ich empfinde mich hier zum erſten Male und ahne noch viel größere Wahrheit!Joſchu! mahnte mich Samuel.Du ſtehſt jetzt an einem heiligen Orte vor einem heiligen Tag. Komm, laß uns in dieMykwe gehen, um zu baden und bete mir morgen mit derſelben Kraft und Andacht wie vor Jahren, Joſchu, bete, daß dich und mich der Himmelgut verſiegle, laß' uns dann vom Rabbi den Segen empfangen und wieder in Frieden nach Hauſe ziehen. Gut, gut, gut, erwiderte ich und Samuel ſah mich lange an. Nachdem das Mittag⸗Gebet zu Ende war, und jeglicher Mann ſeine vierzig Schläge am Rücken erhalten hatte, eilte Jeder nach Hauſe zurletzten Mahlzeit. Die zahllos von Nah und Fern herbeigeſtrömten Gäſte verſammelten ſich im großen Speiſezimmer des Rabbi und beſetzten im Halbkreis rings an den Wänden die Tafel. Noch ſaß der Geprieſene in ſeinem Gemache und ſegnete die Kinder des Hauſes und ſeine männerausweichende Gattin. Schnell nahm daher Samuel die Pantoffel und trat mit mir in deſſen erleuchtetes Gemach. Laut nannte Samuel ſeinen Namen, bezeichnete ſich als alter Verehrer und Freund des ſeligen Belſer, ſtellte mich als ſeinen Kadyſch vor und legte ihm die zarten Pantoffel geſchmeidig an die beiden Füße. Nachdem ihn der Zaddik leiſe dafür geſegnet, begann Samuel und ſprach mit rührender Stimme die Worte: Rabbi⸗Leb, in meinem Kadyſch ſitzt ſeit einigen Wochen ein irreredender Dibbick, empörende Worte ſpricht er gegen Gottes GeboteNach Jom⸗Kyppur, nach Jom⸗Kyppur unterbrach ihn ſchnell der Leſchniower,ich darf mich heute mit unreinen Dingen nicht befaſſen, denn ich habe mich ſchon geheiligt für den morgigen Tag. Gute Verſieglung! Samuel wagte nichts mehr zu reden, empfahl ſich und ging mit mir in den großen Speiſeſaal des Rabbi. Nachdem auch dieletzte Mahlzeit zu Ende war und der

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