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Der Weg meines Lebens : Erinnerungen eines ehemaligen Chassiden / von Josef R. Ehrlich ; mit einem Vorworte von Josef Weilen
Entstehung
Seite
95
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Miene aufmerkſam auf den halben Mond in der Ferne und ſie lachten mich aus und nannten mich einen Narren, der die Natur eines Irrthums beſchuldigt. Ich lief darauf ins Haus der Engländer und rief athemlos:Geht nur hinaus es iſt was Entſetzliches geſchehen: der Mond iſt halb und ſollte ganz ſein, bei Gott, ſchwöre ich euch, er ſteht nur halb am Horizonte. Alle ſahen mich verwundert an und meinten, ich ſei verückt gewor den. Da aber auch meine Mutter zufällig im Hauſe war und meine Haſt und Beſtürzung merkte, rief ſie mich an ſich mit taſtenden Händen.Laß mich jetzt entgegnete ichich habe keine Zeit, es iſt was Außerordent­liches am Himmel zu ſehen! und lief davon.Wie er fort­ſtürzt und der Mutter kein Gehör gibt, dieſer Undankbare! bemerkte Roſe.Warte doch nur, he! rief Hermann,laß mich doch auch einmal dein vermeintlich Wunder ſehen! Er lief mir nach und ich zeigte ihm längſt den niedrigen Dächern die große, halbe Scheibe. Nun wollte er mir beweiſen, daß es ſeine Richtigkeit habe und daß ich, nicht die Natur im Irr­thume ſei. Ich verließ ihn mit einer derben Beleidigung und eilte, was ich konnte, zu Ben Zion Barat. Er war aber nicht daheim. So lief ich denn ſchnell zum trefflichen Löwis­ſohn, aus Mecklenburg , dem großen Naturfreund, von dem ich wußte, daß er allabendlich den geſtirnten Himmel durchforſche. Ich kam in deſſen Haus, lief eine Stiege über die dritte und zog mit Macht an der Schelle. Da kam ſeine Gemahlin heraus.Wo iſt der Herr Löwisſohn fragte ich ſchon ganz erſchöpft.Was iſt Ihnen geſchehen.Mir nichts erwiderte ich,aber der Mond haben Sie ihn ſchon ge­ſehen? Darauf zeigte ſie lächelnd nach dem Gange und ſprach:Mein Mann beobachtet ihn jetzt, gehen Sie nur hin. Sie ſelbſt führte mich ihm zu und als er mich erblickte, ſtaunte er weniger über meinen Kummer als über mein ſonderliches