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und ein dumpfes Brüten hielt meine Lebensgeiſter gefangen. Aber der verborgene Gott rührte mein Inneres mit belebender Sanftmuth und der Unternehmungsgeiſt ſtieg in mir auf. Alſo ſtand ich auf und machte mich auf den Weg die Mutter zu ſuchen.
Dieweil hatte ſich der Sturm gelegt und ſenkrecht, nicht mehr ſchief züngelten die Flammen alle gerade in die Höhe, Rauch und Qualm erzeugend. Ein zweiter Sternenhimmel funkenbeſäet, wölbte ſich hoch über den Köpfen und jeder bedeckte ſein Haupt mit feuchten Tüchern. Ich fand eine tiefe, irdne Schüſſel, vertauſchte ſie mit meiner Kopfbedeckung und wagte mich durch die glühenden Straßen. In Rauch gehüllt, gelangte ich zuerſt in die Goldgaſſe, und ſah mit Staunen und Verwunderung in die inneren Gemächer voller Gluth, durchkreuzt von brennenden Balken. Von hier kam ich in den feurigen Ring; ich hörte nicht mehr Krachen und Knarren, ſondern Sieden und Praſſeln— ſchrecklich von innen, erhaben von außen. Raſch bog ich hierauf, wegen der verſengenden Hitze, in die Leſchniower⸗Straße ein und die Schüſſel über meinem Haupte haltend, paſſirte ich den hohen Flammenbogen zweier Häuſerreihen und rechts und links gewahrte ich nichts als ohnmächtiges Zerfallen in Kohle und Aſche. Nun kam ich an den großen rutheniſchen Kirchdom vorbei, lenkte dann quer ein, um nach dem Hauſe zu ſehen, in deſſen Keller meine Mutter wohnte. Das Haus war wie in die Luft hinweggehoben und der Keller Jah wie eine ausgeglühte Höhle, deren Anblick mich erſchütterte. Mancherlei ſchauderhafte Vorſtellungen bemächtigten ſich meines Gemüthes und trieben mich vom Keller fort in die unüberſehbaren Brandſtätten der Umgebung. Als ich ſchon weit weg war, wollte ich wieder umkehren, um mir Gewißheit über meine fürchterlichen Ahnungen zu verſchaffen. Und wie ich zurücklief,