XV.
Tage, Wochen und Monate vergingen, da brach der Krieg zwiſchen Oeſterreich und Italien aus. Ein neues Bedrängniß kam über die Stadt. Furcht und Grauen bemächtigte ſich der chaſſidiſchen Gemüther, denn eine ſtrenge Rekrutirung forderte ihnen Söhne und Enkel ab. Die Meiſten aus dem orthodoxiſchen Volke verſuchten heimlich der Gewalt auszuweichen und verrenkten ſich die Finger an den Händen oder die Zehen an den Füßen. Ja ſo ſtark iſt die Furcht vor dem Militärdienſte, ſo groß die Angſt in„heidniſche Hände“ zu gerathen, daß Viele um dieſe Zeit Brandwunden ſich ſchlugen an Rücken und Lenden, oder ein Auge ſich beſchädigten, oder fie ließen ſich gar die vordern Zähne herausreißen. Feige ſtellten ſich krank, bezahlten die Aerzte, daß fie ihnen einen Naturfehler andichten, oder flüchteten über die nahe Grenze in das ruſſiſche Städchen Radziwilow.
Auch meine Mutter dachte vom Soldatenleben, wie man vom größten Unglücke denkt. Dabei beängſtigte ſie noch der Gedanke, daß, weil Samuel ein Soldat geweſen, ſein Geſchick auf mich ſich vererben könnte. Sie ſann auf Rettung, ging unter die Weiber, die Mütter erwachſener Söhne und pflog mit ihnen gründlichen Rath. Wie war ſie nun erfreut, als ihr dieſe ſagten, die Regierung wolle einzige Söhne den Müttern nicht nehmen, daß, wenn ſie nur perſönlich dem Kreisamte in Iloczow ſich vorſtellen könnte, ihr Sohn augenblicklich völlige Befreiung erhalten würde. Flugs, obgleich ſie ein
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