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Sonderheft 2, Zur Entstehungs und Wirkungsgeschichte Fontanescher Romane
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die Mark Branderfburg » wie auch als Theaterkritiker intensiv auseinander­gesetzt, und das Thema von dem Aufstand der märkischen Junker gegen die kaiserliche Zentralgewalt im 15. Jahrhundert war ihm so bedeutsam, so aktuell, daß er es leitmotivisch in den Roman um die Adelsfamilie Pogge von Poggenpuhl verwob. Und auch dieser autobiographische Reflex ist ohne Zweifel kunstvolle Absicht, weil er der Darstellung des preußischen Adels historische Weite und kritisches Gewicht gibt.

Der Quitzow-Stoff hatte für Fontane einen «innenpolitischen» und einen autobiographischen Aspekt. Die reaktionären Ostelbier gruppierten sich noch im Bismarck-Reich als renitenter Block, und nicht zufällig kommt der Dichter in vielen seiner Romane auf diese Tatsache zurück. Besonders aus­giebig läßt er das Thema im « Stechlin » diskutieren, wo die Machtansprüche des Adels geradezu als «Quitzowecke» apostrophiert werden, an der ein scheinbar liberaler Kaiser wie Friedrich III. mit Sicherheit gescheitert wäre. « Es heißt immer», sagt Dubslav, «das Junkertum sei keine Macht mehr, die Junker fräßen den Hohenzollern aus der Hand und die Dynastie züchte sie bloß, um sie für alle Fälle parat zu haben. Und das ist eine Zeitlang vielleicht auch richtig gewesen. Aber heut ist es nicht mehr richtig, es ist heute grundfalsch. Das Junkertum (trozdem es vorgibt, seine Strohdächer zu flicken, und sie gelegentlich vielleicht auch wirklich flickt), dies Junker­tum - und ich bin inmitten aller Loyalität und Devotion doch stolz, dies sagen zu können - hat in dem Kampf dieser Jahre kolossal an Macht ge­wonnen, mehr als irgendeine andre Partei, die Sozialdemokratie kaum aus­geschlossen, und mitunter ist mirs, als stiegen die seligen Quitzows wieder aus dem Grabe herauf.» (Kap. 35.)

Hier ist ausgesprochen, worin Fontane die Aktualität des Quitzow-Stoffes und des Wildenbruchschen Quitzow-Schauspiels sah, eine Aktualität, die ihn als passionierten Zeitbeobachter und als «märkischen Wanderer» gleicher­weise berührte. Er geriet dabei, wie so oft in seinem Leben, in eine schwie­rige Situation: die politischen Prätentionen der Junker mußten ihm, der nach eigenem Eingeständnis «immer demokratischer» wurde, entschieden zuwider sein, zugleich aber gehörten ebendiesem märkischen Landadel seine « menschlichen Sympathien ». Der Widerspruch, Fontane wohl bewußt, wird in dem genannten Quitzow-Aufsatz evident. Fontane setzt sich darin mit der Tradition auseinander, « die Quitzows als Landesverräter, Buschklepper und Räuber» anzusehen, und er bezeichnet diese «Verurteilung» mit Nachdruck als « ungerecht». «Man ist einig darüber, daß der Sieg des Burggrafen ein Glück war und daß der Sieg der adligen Opposition ein Unglück gewesen wäre. Dies Zugeständnis kann aber die Rechtsfrage nicht tangieren. Es war das gute Recht des Adels, von einem neuen Verweser und Pfandinhaber nicht viel wissen zu wollen. Die voraufgegangenen Erfahrungen berechtigten dazu. Sollten in unserer und aller Geschichte nur immer die gelten, die zu jeder Anordnung oder jedem offiziellen Geschehnis ja und Amen sagen oder

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