Unwiederbringlich.
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schwebt gerade nichts vor, nichts, wo man schaudert und klagt, aber an Schuld und Sünde wird's nicht gefehlt haben."
„Ich möchte doch beinah' widersprechen dürfen, gnädigste Prinzeß," sagte hier die Schimmelmann. „Ebba, denk ich, hat Recht, wenn sie von einem „guten Schlosse" spricht. Unser liebes Fredericksborg ist doch eigentlich nur ein Museum und ein Museum denk' ich ist immer das Allerunschuldigste ..."
„. . . was es gibt," lachte die Prinzessin. „Ja, das sagt man und ist auch Wohl die Regel. Aber es gibt auch Ausnahmen. Altar, Sacristei, Grab und natürlich auch Museum — Alles kann entheiligt werden. Alles hat seine Sacri- legien erlebt. Und dann bleibt auch immer noch die Frage, was ein Museum alles beherbergt und aufweist. Da gibt es oft wunderliche Dinge, von denen ich nicht sagen möchte, sie seien unschuldig. Oder zum Mindesten sind sie trüb und traurig genug. Als ich noch eine junge Prinzessin war, war ich einmal in London und habe da das Beil gesehen, womit Anna Bulen hingerichtet wurde. Das war auch in einem Museum, freilich im Tower, aber das ändert nicht viel; Museum ist Museum. Im Uebrigen, wir wollen unserer lieben Ebba nicht unser schönstes Schloß verleiden, unser schönstes und mein Lieblingsschloß dazu, denn ich habe, durch viele Jahre hin, immer gute Tage darin verlebt. Und wie's auch sein mag, gruselig und gespenstig oder nicht, Du, liebe Ebba, sollst es wenigstens sicher darin haben, denn ich habe mich für Deine Unterbringung im Thurm entschieden."
„Im Thurm?"
„Allerdings im Thurm, aber nicht in einem Thurm mit Schlangen. Denn unter Dir wird Dein schwedisches Mädchen wohnen und über Dir Holk. Ich denke, das wird Dich beruhigen. Und jeden Morgen, wenn Du ans Thurm- senster trittst, hast Du den schönsten Blick aus See und Stadt und auf den Schloßhof und Alles, was ihn umgibt, und wenn sich meine Wünsche erfüllen, so sollst Du glückliche Stunden in Deinem Thurmverließ verleben ... Ich weiß auch schon, was ich Dir als Julklapp beschere."
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Während sie noch so sprachen, waren sie bereits bis weit über die Nordost- Ecke des Fure-See's hinaus und näherten sich aus der fast gradlinigen Chaussee, deren Ebereschenbäume hier und da noch in rothen Fruchtbüscheln standen, mehr und mehr dem Ziel ihrer Reise: Schloß Fredericksborg. Was zunächst sichtbar wurde, war freilich nicht das Schloß selbst, sondern das dem Schlosse vorgelegene Städtchen Hilleröd und als sie bis dicht heran waren und schon zwischen den Mühlen und Scheunen des Städtchens hinfuhren, begann ein schwaches Schneetreiben. Aber eine Brise, die sich plötzlich aufmachte, Vertrieb die Schneeflocken wieder, und als der Wagen der Prinzessin auf den Hilleröder Marktplatz hinauf- suhr, klärte sich's mit einem Mal aus, und ein Stück blauer Himmel wurde sichtbar, darunter ein verblassendes Abendroth. Inmitten dieses Abendroths aber stand das hohe, thurmreiche Schloß Fredericksborg und spiegelte sich still und märchenhaft in einem kleinen vorgelegenen See, der den schmalen Raum zwischen dem Städtchen und dem Schloß ausfüllte. Hinter dem Schlosse lag der Park, der mit einigen vorgeschobenen Bäumen von links und rechts her bis