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Deutsche Rundschau.
„Hochgeehrter Herr Graf. Ihr Interesse, das Sie gestern so freundlich für meinen Freund Herluf Trolle zeigten, gibt mir den Mnth, Ihnen ein sich mit eben diesem Freunde beschäftigendes Balladenbruchstück zu schicken, das ich vor Jahr und Tag gefunden und aus dem Altdänischen übertragen habe. Kaum ist es nöthig, Ihr Wohlwollen dafür anzurufen, denn wo wir mit Liebe lesen, lesen wir auch mit Milde. — Gegen elf haben wir vor, meine Frau und ich, Sie und das Fräulein von Rosenberg, das ich gleichzeitig davon benachrichtige, zu einem gemeinschaftlichen Gange durch den Park abzuholen. Vielleicht auf Fredensborg zu. Wir werden freilich kaum das erste Drittel des Weges bezwingen, aber gerade dies erste Drittel ist von besonderer Schönheit und vielleicht um diese Jahreszeit schöner als zu jeder anderen. Um zwölf sind wir zurück, um pünktlich bei der Prinzessin, unserer gnädigen Herrin, erscheinen und an ihrem festlichen Lunch theilnehmen zu können. Denn ein kleines Fest wird es Wohl sein. Ihr ergebenster
Arvid Schleppegrell."
Eingelegt in den Brief war ein rosafarbenes Blatt, daraus von Frauenhand geschriebene Verse standen. „Ach, muthmaßlich die Handschrift meiner kleinen Freundin, der Frau Pastorin. Sie scheint zu den Liebenswürdigen zu gehören, die sich überall durch kleine Dienste nützlich zu machen wissen, denn daß sie persönlich eine Passion für Herluf Trolle haben sollte, will mir nicht recht einleuchten. Aber wie dem auch sein möge, zunächst bin ich neugierig, in Erfahrung zu bringen, wie Pastor Schleppegrell sein Balladenbruchstück getauft hat." Und dabei nahm Holk das rosafarbene Blatt wieder in die Hand und überflog den Titel. Der lautete: „Wie Herr Herluf Trolle begraben wurde." „Das ist gut, da weiß man doch, was kommt." Und nun schob er den Schaukelstuhl bis dicht ans Fenster und las:
Ein Bote mit Meldung ritt ihnen voraus.
Und als in den Schloßhof sie schritten,
Brigitte stand vor dem Trauerhaus In ihrer Frauen Mitten.
„Ah, das ist Brigitte Goje, sein fromm Gemahl, von der wir gestern schon gehört haben; fromm und schön und eine Klippe für den Roeskilder Bischof. Aber sehen wir, was Schleppegrell und sein Balladenbruchstück weiter von ihr zu berichten haben.
Am Eingänge stand sie, grüßte den Zug,
Aufrecht und ungebrochen,
Und der Erste (der das Bahrtuch trug)
Trat vor und hat gesprochen:
„Was geschehen, wir sandten die Meldung Dir,
Eh' den Weg wir selber gingen,
Seine Seel' ist frei, seine Hüll' ist hier,
Du weißt, wen wir Dir bringen.
„An der pommerschen Küste, vor Pudagla-Holm,
Um den schwankenden Sieg uns zu retten,
So fiel er. Nun, Herrin von Herlufsholm,
Sage wohin wir ihn betten.