Heft 
(1891) 67
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Unwiederbringlich.

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Entfernung vom Schloß lief ein breiter Graben, über den verschiedene Birken­brücken führten; gerade an dem Punkt aber, wo Schleppegrell, an der Spitze der Andern, den Grabenrand erreichte, fehlte jeder Brückensteg, und statt dessen war eine Fähre da, mit einem zwischen hüben und drüben ausgespannten Seil, an dem entlang man das Flachboot mühelos hinüberzog. Als man drüben war, war es nur noch eine kleine Strecke bis an einen aufgeschütteten Hügel, von dem aus man, nach Schleppegrell's Versicherung, einen gleich freien Blick nach Norden hin auf Schloß Fredensborg und nach Süden hin auf Schloß Fredericksborg habe. Und diesen Punkt wollte man erreichen. Aber mit Rück­sicht auf die knapp zugemessene Zeit mußte dieses Ziel aufgegeben und sogar ein näherer Rückweg eingeschlagen werden.

Holk war bis dahin keinen Augenblick von der Seite der Frau Pastorin gewichen, als man aber die Fähre zum zweiten Mal passirt und das andre User wieder­gewonnen hatte, wechselte man mit den Damen und während Erichsen der Pastorin den Arm bot, folgten Holk und Ebba, die bis dahin kaum noch Gelegenheit zu einem Begrüßungsworte gefunden hatten, in immer größer werdender Entfernung.

Ich glaubte schon ganz ein Opfer Ihrer neuesten Neigung zu sein," sagte Ebba.Ein gefährliches Paar, diese Schleppegrell's; gestern er, heute sie."

Ach, meine Gnädigste, nichts Schmeichelhafteres für mich, als mir eine derartige Don Juan-Rolle zugewiesen zu sehen."

Und um welcher Zerline willen! Eigentlich Zerlinens Großtante. Wovon hat sie mit Ihnen gesprochen? Es ging ja, so viel ich sehen konnte, wie eine Mühle . . ."

Nun, von allerlei; von Hilleröd und seinem winterlichen Leben, und daß sich die Stadt in eine Ressourcen- und eine Casino-Hälfte theile. Man konnte beinah' glauben, in Deutschland zu sein. Uebrigens eine charmante kleine Frau, voller Uon 8SU8, aber doch auch wieder von einer großen Einfachheit und Enge, so daß ich nicht recht weiß, wie der Pastor mit ihr auskommt und noch weniger, wie die Prinzessin ihre Stunden so mit ihr hinplaudert."

Ebba lachte.Wie wenig Sie doch Bescheid wissen. Man merkt an Allem, daß Sie nur alle Jubeljahr einmal eine Fühlung mit Prinzessinnen haben. Glauben Sie mir, es ist nichts so nichtig, daß es nicht eine Prinzessin interessiren könnte. Je mehr Klatsch, desto besser. Tom Imsen war in Indien und hat eine Schwarze geheirathet, und die Töchter sind alle schwarz, und die Söhne sind alle weiß; oder Apotheker Brodersen hat seine Frau vergiftet, es heißt mit Nikotin; oder Forstgehülfe Holmsen, als er gestern Abend aus Liebchens Fenster stieg, ist in eine Kalkgrube gefallen, ich kann Ihnen versichern, dergleichen interessirt unsre Prinzessin mehr, als die ganze schleswig-holstein'sche Frage, trotz­dem Einige behaupten, sie sei die Seele davon."

Ach, Ebba, Sie sagen das so hin, weil Sie moquant sind und sich darin gefallen, alles auf die Spitze zu treiben."

Ich will das hinnehmen, weil es mir lieber ist, ich bin so, als das Gegen- theil davon. Gut also, ich bin moquant und medisant und was Sie sonst noch wollen; aber von dem, was ich da eben über die Prinzessinnen gesagt habe, da­von geht kein Tüttelchen ab. Und je klüger und witziger die Hochgestellten sind

Deutschs Rundschau. XVII, 7. 2