Heft 
(1891) 67
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Deutsche Rundschau.

da aus, wo wir stehen, der Gegenstand lag, den wir ansehen wollten. Und wenn er uns näher war, mußten wir zugleich beide Augen mit ihren Direc- tionen gegeneinander hin zusammenlaufen lassen, wenn er weiter ab war, weniger. Zugleich mußte aber auch in jedem Auge, was oben ist, oben bleiben, oder we­nigstens in beiden nach derselben Richtung stehen bleiben, sonst könnten wir zwar jedes Auge auf denselben Punkt gerichtet haben und sie doch mit beiden nicht einfach sehen, sondern mit dem, was oben und unten ist, schräg übereinander hinweg. Dies alles geschieht dem Zwecke entsprechend, wenn wir nur den Ge­genstand ansehen wollen, und wenn es geschieht, ist auch der Erfolg da; wir sehen ihn vor uns und in der Befriedigung, deswegen sind wir im Stande, den bestimmten Grad von Spannung in jenem Dutzend von Muskeln, der dazu ge­führt hat, unerschütterlich fest zu halten. Wenn wir dagegen ganz ebenso die Augen in irgend eine bestimmte Lage gebracht, aber doch nicht denselben Erfolg damit erreicht haben, z. B. wenn wir beiden nicht denselben Gegenstand Vor­halten, den sie sehen, sondern zwei, die jedes von ihnen sieht und die wir dann mit beiden zusammen, wie durcheinander zugleich sehen, so daß kein ruhiger ein­facher Eindruck herauskommt, dann sind wir auf einmal nicht im Stande, sie auch nun in dieser ihrer Lage ruhig eingestellt zu halten; sie irren zitternd hin und her, als wüßten sie, daß sie ihre gewöhnliche Aufgabe nicht recht gelöst haben, die darin besteht, aus beiden zusammen ein einfaches Bild darzubieten. Es ist, sobald dies geschah und unser inneres Auge, unser Sinn das Bild ruhig einfach erfaßte, sah, als wäre da eine Feder eingeschnappt, die nun die äußeren Organe, die Augen, ruhig feststellte.

Aber das ist noch nicht Alles, was geschehen sein muß, wenn man wohin sieht und dann auch sehen soll, was man hat sehen wollen. Außerdem, daß sich beide Augen richtig zu dem Gegenstände, den man sehen will, und zu einander stellen, gehört dazu ferner, daß jedes auch in seinem Innern so eingerichtet wird, daß es von diesem Gegenstände ein richtiges, scharfes Bild liefert, daß es, wie wir es nennen, auf ihn oder auf die Entfernung, in der er sich vom Auge be­findet, accommodirt ist. Denn je nach der Entfernung, gehört dazu im Auge, wie in jedem Fernrohr, Mikroskop oder dergleichen eine veränderliche innere Ein­richtung. Auch dies ist schon besorgt, sofern es überhaupt die Construction des betreffenden Auges, kurz- oder weitsichtig, mit oder ohne Brille vermag, wenn wir nur die Augen auf den Gegenstand eingestellt haben. Man kann sagen: es ist bei der Einstellung schon mit besorgt. Denn es ist bekannt, daß in der Regel, Wenn wir die Augen so gegeneinander mit ihren Directionslinien einstellen, wie es nöthig ist, um ein Object in gewisser Entfernung vor uns mit beiden ins Auge zu fassen, daß dann zugleich jedes Auge sich der gleichen Entfernung gemäß vor selbst innerlich einrichtet. Wir wissen freilich auch, daß, wenn wir die Umstände absichtlich verändern, so einrichten, wie es dem Zwecke nicht mehr entspricht Wenn wir uns z. B. dabei eine falsche Brille vorschieben, eine solche, die macht, daß wir dann nun das Object nicht deutlich mehr zu sehen bekommen, daß die Absicht, welche auf das deutliche Sehen mitgerichtet ist, sich wieder zu helfen und auch die innere Einrichtung wieder zu verändern weiß, so daß der Zweck doch erreicht wird, wenn nur der Apparat ausreicht, um es möglich zu machen.