Heft 
(1891) 67
Seite
56
Einzelbild herunterladen

56

Deutsche Rundschau.

bald aber auch wie lebend und wachend dargestellt. Um ihreÄhnlichkeit" lebendiger zu machen, erfand man schon im 15. Jahrhundert Todtenmasken. Verrocchio verstand sogar schon Abgüsse von Körpertheilen Lebender zu nehmen. Die glänzendsten plastischen Bildnißdenkmäler sind die Reiterbildnisse. Zn den ältesten von ihnen gehören diejenigen der Scaliger in Verona aus dem 14. Jahr­hundert und dasjenige des 1405 gestorbenen Capitano Paolo Savello von einst vergoldetem Holze in der Frarikirche zu Venedig. Die berühmtesten gehören erst der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an: Donatello's Reiterbild des vene­zianischen Soldführers Gattamelata wurde 1453 vollendet, Verrocchio's Reiter­bild des Condottiere Colleoni, nach des Meisters Tode durch Leopardi zu Ende geführt, wurde erst 1496 enthüllt. Büsten von Privatleuten und Schaumünzen mit Profilbildnissen in halb erhabener Arbeit aber haben sich aus beträchtlich früherer Zeit erhalten.

Bezeichnend für die Anknüpfung der italienischen Bildnißmalerei an die italienische Bildnißplastik es lag von Haus aus Wohl näher, einen Einzelkopf oder eine Einzelgestalt plastisch darzustellen als malerisch ist die Thatsache, daß zu den ältesten, ganz frei auf sich selbst gestellten Vildnißgemälden des 15. Jahrhunderts ein lebensgroßes Reiterbildniß gehört, welches, wie es ur­sprünglich für die plastische Ausführung bestimmt war, so auch in terra verüb, grau in grau auf rothem Grunde, als Reiterstatue gedacht, gemalt wurde, und daß der Urheber dieses Gemäldes der noch im 14. Jahrhundert geborene Paolo Uccello, ursprünglich Bildhauer, Schüler Ghiberti's und Mitschüler Donatello's, des noch ein Jahrzehnt älteren Schöpfers jenes Reiterstandbildes des Gatta­melata zu Padua, war. Das Gemälde Uceello's schmückt, von der Mauer auf Leinwand übertragen und leider nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustande, immer noch den Dom von Florenz, in dem es gemalt worden. Es ist das Reiterbild des englischen Soldführers John Hawkwood. Scharf im Profil nach rechts gewandt, schreitet das Roß im Paßgang einher. Fest und leicht sitzt der Feldherr auf dessen Rücken. Die alterthümliche Herbheit und Steifheit des Ganzen fällt weniger ans, weil das Gemälde den Schein der Bildhauerei an­nimmt. Uccello malte es 1436, also noch vor der Vollendung von Donatello's Reiterstandbild in Padua. Nur wenige Jahre jünger als dieses aber ist das zweite gemalte (leider neuerdings arg übermalte) Reiterdenkmal im Dome zu Florenz, welches, als Gegenstück zu Uccello's Hawkwood, 1455 von Andrea del Castagno, dem ältesten der eigentlichen Realisten unter den florentinischen Maleru des 15. Jahrhunderts, verfertigt wurde. Es stellt den florentinischen Heerführer Niccolo da Tolentino dar und ist als plastisches Standbild gedacht, wie sein Gegenstück. Die unbeholfene Art, wie der Kopf des Pferdes, die Profil stellung verlassend, nach vorn gewandt ist, wirkt freilich unplastisch genug. Ueberhaupt erscheint auf Uccello's Bilde das Pferd reiner und edler, während auf Castagno's Gemälde die bei aller Derbheit, Herbheit und Eckigkeit doch äußerst lebendige Figur des Reiters anziehender ist. So große Reiterbildnisse, wie diese um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Florenz gemalten, sind ihrer selbst wegen und für sich allein Wohl in den nächsten hundert Jahren in Italien nicht wieder gemalt worden. Erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts entstand