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Deutsche Rundschau.
zugeschriebenen berühmten weiblichen Bildnisse im Berliner Museum, im Palazzo Pitti, im Städel'schen Institut zu Frankfurt a. M., in denen man abwechselnd die „schöne Simonetta", die Geliebte Giuliano's de' Medici, und Lucrezia Torna- buoni, die Gemahlin Piero's de' Medici erkennen will, weil Vasari berichtet, daß Botticelli diese beiden Damen gemalt habe; hierher das in der Regel Aut. Pollajuolo, von Morelli aber dem Ambr. de Predis zugeschriebene Bildniß eines Mannes mit grüner Mütze und Goldkragen in den Uffizien zu Florenz, hierher das weibliche Brustbild in Chantilly, in welchem neuere Forscher die Hand des Piero di Cosimo erkennen, hierher das Bildniß eines Jünglings in rother Mütze im Palazzo Colonna zu Rom, welches von den meisten Kennern Giovanni Santi gelassen, von Anderen dem Melozzo da Forll gegeben wird, hierher Piero della Francesca's Bildnisse Federigo's von Urbino und seiner Gemahlin auf der Klapptasel der Uffizien zu Florenz, hierher weitaus die meisten Bildnisse de- Ambrogio de Predis, von denen Bode und Morelli etwas von einander ab weichende Verzeichnisse ausgestellt haben. Unbestrittene Hauptwerke Ambrogio'- sind das Bildniß Kaiser Maximilian's von 1502 in der Ambraser Sammlim zu Wien und das Bildniß der zweiten Gemahlin des Kaisers, Bianca Marc Sforza, im Privatbesitze zu Berlin. — Eine freiere Haltung als diese Profit bildnisse haben dagegen z. B. schon Filippino Lippi's schönes Brustbild einejungen Mannes und Andrea Mantegna's Prachtbild des Cardinals Scaramp beide im Berliner Museum, Pintoricchio's feines Knabenbildniß in der Dresdm Galerie, das früher dem Lorenzo di Credi, von Morelli aber dem Perugino zr geschriebene Bild des „Alessandro Braccefi" in den Uffizien zu Florenz, sowie di> meisten Bildnisse der frühen Venetianer, Antonello da Messina's, Giovanni Bellinö und ihrer Nachfolger. Man denke nur an Bellini's köstliches Bild des Dogc Loredano in der Londoner Nationalgalerie! Bilder, wie dieses, wie das mäm liche Bildniß Marco Basaiti's in der Sammlung Morelli zu Mailand und w Franc. Francia's schöne, lebensgroße Halbfigur des Vangelista Scappi in dc Uffizien bilden schon den Uebergang zu der noch größeren Freiheit und inm sicheren Lebendigkeit der Bildnisse des 16. Jahrhunderts. Die meisten Einze, bildnisse des 15. Jahrhunderts, von denen hier nur einige wenige als Beispie! hervorgehoben werden konnten, behalten bei aller anscheinenden oder wirklich Schärfe der Charakteristik doch etwas Starres und Steifes. Die Charakterisier bleibt oft am Aeußeren und Einzelnen, an Lippen und Augenlidern, an Warzi und Runzeln hasten, manchmal aber versagt sie auch ganz. Besonders weck die Ohren und die Hände, wie Morelli, der es freilich zu allgemein hinsteÜ Wenigstens in einigen Fällen bewiesen hat, nicht immer in den ihnen selb sondern manchmal nur in den der Kunstsprache des Künstlers eigentümlich Formen wiedergegeben.
Trotz alledem aber theilen schon die italienischen Bildnisse des 15. Jahrhunder mit denjenigen mancher späteren Zeiten das Loos, daß ihre Urheber schwerer zu l stimmen und daher heftiger umstritten sind als diejenigen der meisten anderen Bild Die Individualität des Dargestellten überwiegt in der Bildnißmalerei eben der Regel die Individualität des Darstellers; und soweit, daß dieses der F»