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Deutsche Rundschau.
der vaticanischen Galerie erinnern, welches unter dem Namen der „Madonna di Foligno" bekannt ist? Raphael malte es 1516 für den päpstlichen Geheimschreiber Sigismondo Conti, den er rechts im Vordergründe knieend dargestellt hat. Hinter ihm steht der heilige Hieronymus, der ihn der Gnadenmutter empfiehlt. Im Hintergründe, über Foligno, der Vaterstadt des Stifters, in welcher dieser wahrscheinlich bei einer Belagerung einer Lebensgefahr entgangen, stiegt eine feurige Bombe und wölbt sich ein Regenbogen. Ein schöneres Bildniß als dieses ist nie gemalt worden. Packendste, eindringlichste Lebenswahrheit verbindet sich in ihm mit weihevollster und innigster Beseelung. Eine solche Verbindung wäre dem ganzen fünfzehnten Jahrhundert unmöglich gewesen. — Zeitgenössische Bildnisse finden sich unter den Theilnehmern der Handlung zwar nur selten aus Raphael's eigentlichen kirchlichen Darstellungen, oft aber auf seinen großen Fresken im Vatican. Erkennt man auf der „Disputu" doch die Bildnisse Bramante's, Fiesole's, Savonarola's und Dante's, in seiner „Schule von Athen", außer den beiden schon genannten, diejenigen des Herzogs Francesco Maria von Urbinv und eines jungen Prinzen von Mantua! Machte er ans der Darstellung der Austheilung der Decretalen durch Gregor IX. doch ein vollständiges zeitgenössisches Bildnißstück nach dem Muster der erwähnten Gruppe des Melozzo da Forll Ließ er auf seiner „Vertreibung Heliodors" doch den Papst Julius II. durch zeitgenössische Künstler als Träger seines Sessels hereinbringen! Lieh er nach Leo's L Regierungsantritt doch den Päpsten seiner späteren Stanzenbilder die Züge dieses Mediceerpapstes! I
Tizian malte sein Selbstbildniß in dem „Matthäus" der Kirche della Salut! - und noch in seinem neunzigsten Lebensjahre auf der „Pietä" in der Akademie z» Venedig. Als knieenden Stifter stellte er sich selbst mit seinem Schutzheilige» j auf einem Altarblatt seiner Vaterstadt dar. Andere Stifter hat er aus zahlreiche» ^ Votivbildern abgebildet: so schon um 1500 Jacopo Pesaro mit dem Banner de> ^ Borgia neben Papst Alexander VI., vor Petrus knieend, auf dem Antwerpens j Bilde, so 1522 den päpstlichen Gesandten Averoldo in köstlicher Gruppe in de 2 Kirche der Heiligen Nazarus und Celsus zu Brescia, so 1554 den knieenden Doge« g Ant. Grimani aus seinem Hauptbilde im Dogenpalast, so, als großartigste, M ri gleich freieste und strengste Bildniß gruppe, schon 1526 die ganze Familie de d Jacopo Pesaro zu Füßen der Madonna und der für sie bittenden Heiligen a» a dem berühmten Bilde der Frarikirche zu Venedig. Wahrhaftigere und tief inner n lich lebendigere Bildnisse sind nie gemalt jworden als diese. Daß Tizian ade e: auch größere Darstellungen aus der heiligen Geschichte gelegentlich mit zeit ü genössischen Bildnissen ausstattete, zeigt die großartige Zuschauergruppe aus seine« n mächtigen Gemälde des Tempelganges Mariae in der Akademie zu Venedig. - je Als eigentliches Geschichtsbild mit zeitgenössischen Bildnissen reiht sich ihm d ft Meisters sogenannte „Allocution" im Museum zu Madrid an. Das leider nilj ze Wohl erhaltene Bild stellt den kaiserlichen Feldmarschall Davalos, Marchese d ft Vasto dar, im Begriff, eine Ansprache an seine Soldaten zu halten. Sein jung« I Sohn steht neben ihm. Unter den Hellebardieren soll sich das Bildniß Pietrle Aretino's befinden. Mehr sinnbildlich ist Tizian's Gemälde in derselben SaM-Li lung gehalten, welches Philipp II. darstellt, wie er seinen Sohn einem sich heraidc