Heft 
(1891) 67
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Die Bekehrung Constantin's des Großen.

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'fahren Md zu ihnen gesellte sich die ganze Aristokratie der Bildung und Literatur,

>ar. welche mit den Göttern des Homer und Vergil auch das Verständniß ihrer

' Welt Werke untergehen sah und durch den Haß der Christen gegen die Künste der

seiner Rhetorik sich den Boden unter den Füßen entzogen sühlte. Also diejenigen,

m sich welche durch hohe Geburt und alten Grundbesitz in den meisten Städten des

rd die Reiches den beherrschenden Einfluß besaßen, ferner diejenigen, welche durch

hnung Schriften und Deklamationen die öffentliche Meinung machten, endlich und

üldert, hauptsächlich diejenigen^ welche Kaiser erheben und stürzen und jeden Augenblick

Staat, das Unheil des Bürgerkrieges über das Land herausbeschwören konnten, waren,

seiner obgleich einzelne christliche Elemente sich auch in diese Kreise gemischt hatten, doch

befahl, ihrer großen und compacten Masse nach Heiden. Diesen stand auf Seite der

Schoren Christen nur ein Theil des städtischen Pöbels und des Mittelstandes gegenüber,

fehlte, welche heute freilich eine große Macht repräsentiren, damals aber politisch fast

iemals gar nichts bedeuteten. Unter diesen Umständen könnte man den Uebertritt

versuch Constantin's sogar für ein höchst gefährliches Unternehmen halten, doch wäre

rmord diese Auffassung allerdings trügerisch.

lg der Adel und Literatur hatten im Christenthum freilich längst ihren Feind

gleich- erkannt; sie werden es mit Groll und Verachtung gesehen haben, daß der

den so Kaiser die Religion des ungebildeten Pöbels zu der seinigen machte. Doch über

8efahr ihre Mißstimmung konnte der despotische Herrscher lachen, so lange ihm seine

Kaiser Soldaten treu waren. Der naive Barbar aber betrachtete Christus und seinen

rndten hohen Vater gewiß einfach als zwei neue Götter. In dem ungeheuren Pantheon

des Heidenthums, das aus allen Nationen Bestandtheile in sich ausgenommen tarnen, hatte und sich immer durch neue Göttermassen vermehren konnte und vermehrte,

Kreise fanden sie neben dem germanischen Wodan und dem römischen Jupiter, dem

unge- persischen Mithras und der ägyptischen Isis ganz gut ihren Platz. War ihr

tte die opferloser Kultus etwas fremdartig, so that das nichts zur Sache; mußten doch

ichische Mithras und Isis dem Germanen nicht minder fremdartig erscheinen. Daß

mngen jene beiden neuen Götter allen älteren den Krieg erklärt hatten und sie mit

daher Stumpf und Stiel ausrotten wollten, das wußte oder verstand er nicht. Die

agegen unendliche Toleranz des Heidenthums, die freilich nicht auf einem tieferen Gottes-

! nicht bewußtsein, sondern nur auf der höchst mangelhaften Abgrenzung der antiken

Macht Religionen gegeneinander beruhte, schützte den andersgläubigen Kaiser vor seinen

onnen. Soldaten, so lange er auch ihnen Toleranz bewies. Wenn aber sein Uebertritt

amals ihn in Folge dessen mit keiner ernsten Gefahr bedrohte, irgend einen politischen

tantin Gewinn konnte er ihm noch weniger bringen.

? viele Aber dieses gilt nur für die damalige Zeit. Vielleicht ahnte der große

a dem .Herrscher, welche Bedeutung zukünftig die kirchliche Hierarchie auch für den Staat

ähum. gewinnen sollte, und suchte sie sich dienstbar zu machen, um diese Macht zum

Italien Werkzeug, wenn nicht für sich selbst, so doch für seine Nachfolger zu benutzen,

allhin Dies ist jetzt die herrschende Ansicht; aber so hoch ich Constantin's Fähigkeiten

'ligion auch schätze, scheint sie mir doch ihm etwas gar zu viel vorschauendes Ahnungs-

hümer vermögen zuzuschreiben. Denn in der verfolgten Kirche von damals die herrschende

; von ^ Zukunft zu erkennen, war wahrlich nicht leicht. Wenn freilich Constantin

andes- solche Pläne hegte, so war der Zeitpunkt für ihre Verwirklichung sehr gut