78
Deutsche Rundschau.
Conslantin's in demselben Augenblick entschied, wo es ihm unwiderleglich bewiesen schien, daß der Christengott stärker sei als die heidnischen Dämonen.
Der eisrigste Anhänger dieser letzteren war der römische Tyrann Maxentius. Durch die kostbarsten Opfer und Spiele suchte er sich die Götter geneigt zu erhalten; nie unternahm er etwas, ehe er sich durch Propheten und Opferschauer ihrer Zustimmung vergewissert hatte. Und wirklich hatten sie ihm bisher in wunderbarer Weise ihre Gunst erwiesen. Vom römischen Pöbel und einer Handvoll Stadtsoldaten, die bis dahin nur in Straßenkrawallen und Circusprügeleien ihre kriegerische Tüchtigkeit bewährt hatten, war er, wahrscheinlich Wider seinen Willen, aus den Thron erhoben. Gegen ihn zog Severus mit einem starken, kriegsgewohnten Heere heran in der festen Ueberzeugung, fast ohne Kampf der neugebackenen Herrlichkeit des Kaisers ohne Soldaten ein schreckliches Ende zu bereiten. Maxentius selbst mußte säst mit Sicherheit sein Verderben erwarten; die Mauern der Hauptstadt, aus denen er sich nicht hervorwagte, schienen seinen einzigen Schutz zu bilden, aber schlecht vertheidigt, wie sie waren, konnten auch sie nicht lange Widerstand leisten. Aber er war der Sohn Maximian's, der zwanzig Jahre lang das Scepter geführt und durch zahlreiche Siege sich die Begeisterung der Truppen gewonnen hatte, und Severus war ein unbekannter Officier, den die Willkür Diocletian's auf den Thron erhoben hatte und der nach anderthalbjähriger Regierung den Soldaten noch kaum bekannt geworden war. In ihren Herzen regte sich daher das dynastische Gefühl für den Sohn ihres geliebten Kaisers; sie betrachteten seinen Ausschluß vom Throne als ein Unrecht und wollten nicht die Hand dazu bieten, dasselbe ausrecht zu erhalten. Ueberdies war ihr höchster Officier persönlich an das Interesse des Maxentius geknüpft. Er ließ sich gern bereit finden, unter den Truppen in dessen Namen große Geldsummen zu vertheilen und sie dadurch völlig für ihn zu gewinnen. So fiel fast das ganze Heer des Severus ab und schloß sich seinem Feinde an; er selbst wurde gefangen und hingerichtet. Dies war durchaus mit rechten Dingen zugegangen, kam aber so erstaunlich und unerwartet, daß es doch den Eindruck einer wunderbaren göttlichen Fügung Hervorbringen mußte.
Mit noch weit größerer Macht war dann Galerius herangezogen, um das Schicksal seines Mitregenten zu rächen. Aus seine Soldaten glaubte er sich verlassen zu können, da sie nur kurze Zeit unter Maximian gedient hatten und von ihm selbst seit dreizehn Jahren von einem Siege zum andern geführt waren. Durch den Abfall von Severus' Truppen besaß jetzt Maxentius ein Heer; doch war es viel zu schwach, um dem Galerius im offenen Felde entgegenzutreten. Wieder deckte er sich hinter den Mauern Rom's, die diesmal freilich genügenden Schutz gewährten. Denn so zahlreich das Heer des Feindes auch war, zur Umschließung des gewaltigen Festungsgürtels, der jetzt durch eine hinlängliche Truppenmasse vertheidigt wurde, reichte es nicht aus. Rathlos stand Galerius, der Rom bis dahin noch nie gesehen hatte, vor der unerfüllbaren Aufgabe einer Belagerung, und kaum bemerkten seine Soldaten, daß die Sachen nicht standen, wie sie sollten, so regte sich auch in ihnen das dynastische Gefühl für den Sohn Maximian's. Ein Theil ging über, den größeren vermochte Galerius kaum in völliger Auflösung heimzubringen.