Issue 
(1891) 67
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Deutsche Rundschau.

Unterhalt auf seine Kasse übernahm und damit das Christenthum unter die an­erkannten Staatsculte erreichte.

Den Dienst der Götzen auszutilgen, wie sein neuer Glaube ihm gebot, konnte der Kaiser freilich noch nicht wagen. Wenn er die Münzen, mit welchen er seine heidnischen Söldner bezahlen mußte, auch ferner mit Götterbildern schmücken ließ; wenn er Opfer und Eingeweideschau duldete, ja vielleicht gar selbst mitmachte, so empfand er das gewiß als schwere Sünde. Aber nach der Moral des damaligen Christenthums, welche selbst die Hinrichtung eines Ver­brechers als Vergehen gegen das fünfte Gebot verdammte, ließ sich ein Staat nun einmal nicht regieren, und die Pflichten gegen das Reich hat der Kaiser immer noch über seine religiösen Pflichten gestellt, so ernst er diese auch aus- saßte. Da die Taufe alle Sünden, welche vorher begangen waren, ab wusch und nur die späteren nach der Ansicht strenger Christen unverzeihlich waren, hat er ihre Vollziehung an sich in naiver Schlauheit bis zu seiner Todesstunde verschoben. Aber sein persönliches Bekenntniß war darum nicht minder klar und unzwei­deutig. Die Schlacht an der Milvischen Brücke hatte den Kaiser bekehrt; der Kaiser ließ es sich angelegen sein, auch sein Reich zu bekehren, und daß dies vollständig gelang, war jetzt nur noch eine Frage der Zeit.