Issue 
(1891) 67
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Casati's Aequatoria.

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schleudern, weil dieser ein Mädchen den Kanibalen zum Tödten überwiesen hatte. Ich vermag einen Unterschied Zwischen Stanley's und Jameson's Vergehen nicht zu finden. Casati führt mit der Schilderung der Rückreise zur Küste sein Buch schnell zu Ende, indem er die Erlebnisse nur flüchtig skizzirt, sogar mehrmals längere Stellen aus dem Buche des Pater Schhnse ansührt.

Die dem Werke beigegebenen Illustrationen sind leider mit wenigen Aus­nahmen sehr schlecht und von einer Flüchtigkeit in der Ausführung, welche oft abschreckend wirkt, als hätte man ein Beispiel geben wollen, wie solche Zeich­nungen nicht sein sollen. Auch begegnen wir einigen alten Bekannten aus andern Werken. Die Karten können nur zur Orientirung dienen. Der Werth der als Anhang gegebenen meteorologischen Beobachtungen ist ein ganz illusorischer, da keine Erläuterungen, welche auch den Karten fehlen, hinzugefügt sind. Einiges Interesse hat die kleine vergleichende Sprachtabelle.

Noch ein Punkt verdient Erwähnung, der, wenn er zwar mit dem Wesen des Buches nichts zu thnn hat, doch nicht unberührt bleiben darf. Es ist die Sprache des Uebersetzers. Derselbe bringt Satzconstructionen zur Anwendung, welche uns in der Schule schlechte Noten eintragen würden. Ich greife eine hervorragende Leistung in dieser Beziehung heraus, den Passus, wo (II, 278) am Ende der Seite von den Tembe der Wanjamuesi gesprochen wird. Danach werden, grammatikalisch, Thieren und Menschen Wohnsitze in Brunnen an­gewiesen! Derartiges hätte, wenn die Zeit noch so knapp bemessen ist, vermieden Werden müssen.

Das Buch, anspruchslos und ohne Berechnung auf Effect geschrieben, ist fast durchweg fesselnd und höchst lesenswerth. Es liefert uns schätzbares Material zur Geschichte des großen Dramas in der Aequatorialprovinz, obwohl das eigent­liche Räthsel desselben auch von Casati nicht gelöst wird; ihm fehlt der politische Blick, er ist zu sehr Gemüthsmensch. Als solcher übt er auch eine zu strenge Kritik an Emin's Handlungen; er steht ihm nicht ganz unbefangen gegenüber, trotzdem er sich dessen Freund nennt, und wenn in dem Prospekt zu Casati's Buch gesagt wird, daß darin eine Ehrenrettung Emin's enthalten sei, so ist dies keineswegs zutreffend. Durch Casati's Werk weht der angenehm berührende Hauch großer Mäßigung und edler Menschenliebe, welche sich besonders den Schwarzen gegenüber bemerkbar macht. Ein abschließendes Urtheil über die Geschichte der Aequatorialprovinz können wir uns jedoch trotz Casati's Buch nicht bilden, weil der Hauptzeuge der dortigen Umwälzungen, Emin, noch nicht gesprochen hat.

Paul Reichard.

Deutschs Rundschau. XVII, 7.

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