Aus Karl Friedrich Meinhards Leöen.
Von
W. Lang.
Erster Aufenthalt in Hamburg.
( 1795 — 1798 .)
I.
Am 29. Juni 1795 erhielt Karl Friedrich Reinhard seine Ernennung zum Gesandten der französischen Republik bei den drei Hansestädten. Es war die erste selbständige Stellung, die er im diplomatischen Dienst seines Adoptivvaterlandes bekleidete. Ein wunderbarer Lebenslauf hatte den schwäbischen Magister zum französischen Diplomaten gemacht. Durch seine girondistischen Freunde, mit denen er aus Bordeaux nach Paris gekommen war, an Sieyäs empfohlen, wurde er zuerst, im Jahre 1792, der Gesandtschaft in London, dann der in Neapel zugetheilt. Beiden Sendungen bereitete der Ausbruch des Krieges ein jähes Ende. Von Neapel zurückgekehrt, wurde er im November 1793 als Vorstand einer Abtheilung in das auswärtige Ministerium berufen. In dieser Stellung machte er die Schreckenszeit durch, die so wenig als spätere Erfahrungen seine der neuen Heimath gelobte Treue Wanken machte. Der Dienst für Frankreich blieb ihm gleichbedeutend mit dem Dienst für die Freiheit, für die Menschheit.
Nach dem Ende der Schreckenszeit nahm auch die französische Diplomatie ihr unterbrochenes Werk wieder aus. Aus Grund der kriegerischen Erfolge wurden Unterhandlungen mit anderen Mächten angeknüpft, Friedensschlüsse vorbereitet, welche die Coalition durchbrachen. Dem Frieden mit Toscana folgte am 5. April 1795 der Frieden mit Preußen, am 17. Mai der Vertrag über die Norddeutsche Neutralität. Es war die unmittelbare Folge dieser Friedensschlüsse, daß Vertreter der Republik im Ausland ernannt wurden, und der Wohlfahrtsausschuß nahm sie unter den fähigsten Beamten des Ministeriums. Als Gesandtschaftssecretär nahm Reinhard seinen Unterchef im Bureau der auswärtigen Angelegenheiten, Jean Benedict Lemaistre aus Genf, mit sich. Sein jüngerer Freund und Landsmann Georg Kerner folgte ihm als Privatsecretär.