Heft 
(1891) 67
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Deutsche Rundschau.

von der Begabung und Brauchbarkeit des jungen Schwaben zu überzeugen. Nach dem 10. August war Talleyrand nach England geflüchtet und von da, als Pitt ihn ausweisen ließ, nach Amerika. Nach zweijährigem Aufenthalt da­selbst kam er jetzt zurück: am 13. Juni 1796 schiffte er sich in New-Aork nach Hamburg ein. Mit Reinhard mag der Zurückgekehrte zuerst seine politischen Zukunftspläne besprochen haben, mit Kerner zechte er im Bremer Rathskeller, und die Gläser, mit deutschem Rheinwein aus den ehrwürdigen Fässern gefüllt, erklangen auf die Vereinigung der deutschen Rheinlande mit Frankreich! I

Mittlerweile kamen die Verhandlungen zum Abschluß, die Sieveking in Paris zu führen hatte. Doch nur nach Ueberwindung großer Schwierigkeiten konnte er seinen Zweck erreichen. Er hatte bei den Directoren heftige Erbitterung gegen Hamburg gefunden. Ja, die Nichtanerkennung des Gesandten war, wie man richtig befürchtet hatte, bereits der willkommene Anlaß zu feindseligen Maßregeln gegen Handel und Schiffahrt dieser Stadt gewesen; es war Befehl gegeben worden, aus die hamburgischen Schiffe in allen französischen Häfen Embargo zu legen. Gerüchtweise war sogar von einem Angriff aus hamburgisches Gebiet, von Brandschatzung der Stadt die Rede. Nur durch finanzielle Opser, wie immer in solchen Fällen, gelang es dem geschickten und taktvollen Unterhändler, jenen Befehl rückgängig zu machen und einen Vergleich abzuschließen, dem zu Folge die Anerkennung des Gesandten bis zum allgemeinen Reichsfrieden ver­schoben bleiben sollte. Anfangs Juli brachte Sieveking diesen Vergleich nach Hamburg. Der Senat genehmigte ihn im August, und damit waren die guten Beziehungen zwischen Hamburg und der französischen Republik wieder hergestellt. Auch zwischen Preußen und Frankreich kam endlich im August ein Vertrag über die Anerkennung der norddeutschen Neutralität und über die Demarcationslinie zu Stande. Er war erkauft durch die lange verweigerte Einwilligung in die Abtretung des linken Rheinufers.

Reinhard hatte von Ende Juni seinen Wohnsitz wieder in Bremen genommen. Sein Verkehr mit den dortigen Staatsmännern blieb andauernd der freundlichste, und die Anliegen der Stadt fanden eine warme Fürsprache von Seiten des fran­zösischen Gesandten. Diese Anliegen betrafen theils besondere Wünsche Bremens, auf dessen Gebiet Hannover einige drückende Rechte ausübte und dessen Handel durch den vom Herzog Peter von Oldenburg als Fürstbischof von Lübeck erho­benen Elsflether Zoll belästigt wurde, theils die gemeinsamen Interessen der Hansestädte, unter welchen die Säcularisirung der benachbarten Domcapitel, vor Allem aber die Zusicherung einer beständigen Neutralität obenanstanden. Man Wünschte, da der Reichsfriede sich immer wieder hinauszog, schon jetzt eine vor­läufige Versicherung dafür zu haben, daß Frankreich beim Abschluß des allge­meinen Friedens sich für die dauernde Neutralität der Hansestädte in künftigen Reichskriegen verwende. Bereitwillig lieh Reinhard diesen Bestrebungen seinen Beistand. Seine Ueberzeugung war, daß das Interesse der französischen Republik

0 F. Masson, 1-6 äexnrtsrnent ä68 aikairss etiMZ, p. 404. A. Wohlwill, G. Kerner, S. 38.