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Deutsche Rundschau.
<p-.. Brehm's Thierleben. Dritte gänzlich neubearbeitete Auflage von Prof. vr. Pe- chuel-Loesche. Bd. I und II. Leipzig u. Wien, Bibliographisches Institut. 1890.
Der Uneingeweihte muß den Kritiker Brehm's für überschwänglich halten: so wenig eingeschränkt ist das Lob, das dem Werke des Meisters gebührt. Doch wer zählt zu den Uneingeweihten. wenn auf Brehm's Thierleben die Rede kommt? Ein Buch, das in hunderttausend Exemplaren verbreitet ist und das in sieben Zungen seinen Inhalt über den Erdkreis getragen hat, wird von fast Jedermann gekannt und, wie wir hier getrost behaupten dürfen, auch von Allen verehrt. Der Schreiber dieser Zeilen hat bereits als Knabe Brehm's entzückenden Schilderungen aus dem Thierleben andächtig gelauscht und aus ihnen die erste Anregung zur Beschäftigung mit der Naturwissenschaft erhalten. Und was hat er nicht später und bis auf den heutigen Tag aus dem Werke gelernt und erfahren! Unzähligen Anderen ist es in gleicher Weise ergangen, und für die Zukunft wird die Zahl der Leser und Schüler des Werkes sich noch weiter gewaltig steigern. Denn eine neue, die dritte, Auflage sorgt dafür, daß die Thierkunde in immer breitere Schichten nicht bloß der Wohlhabenderen und Gebildeten, sondern des ganzen Volkes eindringe, wofern in demselben nur ein Fünkchen Interesse für das Verständniß der uns umgebenden belebten Natur vorhanden. Brehm's Buch hat das unschätzbare Glück gehabt, einen Bearbeiter und Fortsetzer in Professor Pechuel- Loesche zu finden, der nach des Verfassers viel zu frühem Tode das Werk gemäß den großen Fortschritten der Zoologischen Wissenschaft neu gestaltete und doch ihm nichts von dem alten Zauber nahm. Dieselbe Lebendigkeit und Gemeinverständlichkeit der Sprache, dieselbe unvergleichliche Kunst der Darstellung fesselt in dem neuen Buch wie in dem alten. Eingeleitet wird der erste Band durch eine Schilderung von Brehm's Lebensgang, mit dem uns Or. Ernst Krause anschaulich und liebevoll bekannt inacht. Der weitere Inhalt umfaßt nach einem Blick auf das Leben der Gesammtheit die Schilderung der Säugethiere, denen zwei Bände gewidmet werden. Die Systematik hat I)r. W. Haake, der verdiente Direktor des Frankfurter Zoologischen Gartens, in einer sehr übersichtlichen Weise geliefert. Für die unmittelbare Anschauung sorgt eine Fülle von Illustrationen, von denen jede ein Muster ist. Man nehme nur einmal einen Band dieses neuen Brehm zur Hand, und in dem Bannkreise dieses einzigen Buches wird man bald an sich bemerken, daß das Ende schwerer zu finden ist, als es der Anfang war.
<//.. Prometheus. Jllustrirte Wochenschrift über die Fortschritte der angewandten Naturwissenschaften. Herausgegeben von vr. Otto N. Witt. Berlin, Rudolf Mückenberger.
Frankreich, England und Nordamerika besitzen längst Blätter von Weltruf, deren Aufgabe es ist, die praktischen Fortschritte in der Erkenntniß der Naturkräfte, in der Ausnutzung
derselben für die Zwecke menschlicher Cultur- bsstrebungen, einem großen Leserkreise in regelmäßiger Folge darzulegen. Unsere Heimath hat bisher eines solchen Organs entbehrt. Nicht etwa, daß wir nicht ausgezeichnete Journale hätten, die über die Fortschritte in den Naturwissenschaften ebenso ausführlich wie vollständig berichteten. Diese vorhandenen vorzüglichen
Zeitschriften sind aber mehr für den Forscher und Fachmann als für den großen Kreis der Gebildeten berechnet. Was aber von sonstiger periodischer naturwissenschaftlicher Literatur
sich an das Laienpublikum vornehmlich wendet, hat engere und begrenztere Aufgaben. So existiren Blätter für Himmels- und Erdbeschreibung, Blätter für Völkerkunde, für die sogenannten beschreibenden Naturwissenschaften und für andere Einzelgebiete. Aber das Be- dürfniß nach einem Blatte, das gerade die angewandten Naturwissenschaften, also die Technik im weitesten Sinne des Wortes sich zur volks- thümlichen und allgemein verständlichen Darstellung wählt, war bisher gänzlich ungedeckt geblieben. Der „Prometheus" will nicht nur in Zukunft diese Lücke ausfüllen, sondern er hat durch eine Vergangenheit von fünfviertel Jahren bereits bewiesen, in wie vortrefflicher Weise er seiner Aufgabe gerecht zu werden im Stande ist. Er zählt unter seinen Mt- arbeitern die ersten Vertreter der technischen Forschung und Praxis. Sie verbürgen den gediegensten Inhalt. Aber sie sind, wie der vorliegende Jahrgang beweist, auch zur großen Mehrzahl Schriftsteller von ungewöhnlicher Begabung. Denn die Darstellung im „Prometheus" rst häufig von einem Glanz und dabei von einer gediegenen Klarheit, wie wir sie in so schöner Vereinigung gerade in naturwissenschaftlichen Zeitschriften leider nur selten antreffen. Dabei sind die Artikel möglichst kurz und heben nur die wirklich werthvollen Punkte hervor. Und was noch weiterhin recht wohlthuend berührt: es findet sich im „Prometheus" nicht etwa eine systemlose Aufzählung von einzelnen neuen technischen Errungenschaften. Vielmehr geht das Bestreben dahin, den Leser mit den Fortschritten ganzer Gebiete planmäßig bekannt zu machen, ihm die führenden Ideen aufzuzeigen und zu erläutern, sein eigenes Urtheil anzuregen und auszubilden; kurz, wir lernen die Fortschritte nicht nur einfach kennen, sondern sie in ihrem Zusammenhangs verstehen. Und dazu dient der Text wie die meisterhaften Illustrationen, deren Ausführung häufig selber das beredteste Zeugniß für die stete Entwickelung in der Technik bildet. Wir wünschen dem Blatte, daß es recht viele solcher Leser finde, die wie der Referent das Erscheinen einer jeden Nummer mit Ungeduld erwarten. Und wir sind sicher, daß, wer erst Einsicht in diese wirklich hervorragende und dabei übrigens wohlfeile Wochenschrift genommen hat, sehr bald zu dieser Gruppe von Lesern gehören wird.
Martin Luther als Lehrer des deutschen Volks. Herausgegeben von Heinrich Zimmer. Neue Ausgabe. Frankfurt aM., Heyder L Zimmer. 1890.