Unwiederbringlich.
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„Dann kann ich nur wünschen, daß Sie nicht die Schuld daran trugen. Ich höre so viel Gutes von der Gräfin; die Prinzessin, die mich gestern besuchte, war voll ihres Lobes. ,Eine charaktervolle Frau' sagte sie."
Holk zwang sich zu lächeln. „Eine charaktervolle Frau — ja, die Prinzessin liebt diese Wendung, ich weiß, und will damit andeuten, daß nicht jeder charaktervoll sei. Darin mag sie Recht haben. Aber Prinzessinnen haben es leicht, für „Charakter" zu schwärmen, weil sie selten in die Lage kommen, Charaktere kennen zu lernen. Charaktervolle Leute mögen hundert Vorzüge haben, haben sie gewiß, aber sie sind unbequem, und das ist das Letzte, was Prinzessinnen zu lieben pflegen."
„Alle Welt rühmt Ihre Galanterie, lieber Holk, und ich bin, weil ich keinen Grund dazu habe, die Letzte, dem zu widersprechen; aber Sie sind ungalant gegen Ihre eigene Frau. Warum wollen Sie das Lob verkürzen, das die Prinzessin ihr spendet? Prinzessinnen loben in der Regel nicht viel, und man darf ihrem Lobe Wohl zulegen, aber nichts abziehen. Ich empfinde ganz wie die Prinzessin und bin voll Sympathie für die Gräfin und, wenn dies das rechte Wort nicht sein sollte, voll Theilnahme."
Holk riß die Geduld. „Die Gräfin wird Ihnen dankbar dafür sein. Aber das darf ich sagen, ihre Dankbarkeit wird von ihrer Verwunderung noch übertroffen werden. Ebba, was soll diese Comödie? Gräfin und wieder Gräfin und dann charaktervoll und dann sympathisch und zuletzt Gegenstand Ihrer Theilnahme. Wollen Sie, daß ich das alles glaube? Was ist vorgesallen? Aus welcher Veranlassung hat sich der Wind gedreht? Warum plötzlich diese Förmlichkeit, diese Nüchternheit? Eh ich abreiste, Hab' ich Sie sprechen wollen, nicht um eine Gewißheit meines Glückes zu haben, diese Gewißheit hatte ich, oder glaubte wenigstens sie haben zu dürfen, nein, es trieb mich einfach, Sie zu sehen und mich, eh ich hinüberging, über Ihr Ergehen zu beruhigen, und so bin ich abgereist und habe drüben einen Tag erlebt und einen Kampf gekämpft und Worte gesprochen, Worte, nun rund heraus, die Sie kennen müssen, als ob Sie Zeuge der ganzen Scene gewesen wären."
Ebba warf den Kops zurück. Holk aber fuhr fort: „Sie werfen hochmüthig den Kops zurück, Ebba, wie wenn Sie mir sagen wollten: ich weiß, was da gesprochen worden ist, aber ich will es nicht wissen, und ich mißbillige jedes dieser Worte."
Sie nickte.
„Nun, wenn ich es damit getroffen, so frag' ich Sie noch einmal, was soll das? Sie wissen, wie's mit mir steht; Wissen, daß ich vom ersten Tag an in Ihrem Netze war, daß ich Alles und vielleicht mehr als ich durfte daran gesetzt habe, Sie zu besitzen. Und daß ich das Alles that und hier vor Ihnen stehe wie ich stehe, schuldig oder nicht, dazu haben Sie mir den Weg gezeigt, — leugnen Sie's, wenn Sie's können. Jedes Ihrer Worte hat sich mir in die Seele eingeschrieben, und Ihre Blicke sprachen es mit, und beide, Worte und Blicke, sagten es mir, daß Sie's durch alle Tage hin beklagen würden, auf der abgebröckelten Eisscholle nicht ins Meer und in den Tod Hinausgetrieben zu sein, wenn ich Sie verließe. Leugnen Sie's, Ebba, — das waren Ihre Worte."