Heft 
(1891) 67
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Tie Wechselbeziehungen der Organismen.

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ihre Cultur auf diejenige von Hülsengewächsen, so können sie aus den Wurzel­rückständen der letzteren einen Vortheil ziehen.

Nicht minder wohlthätig greifen die Bakterien auch in die Selbstreinigung der Gewässer ein. Was sie unter Umständen an den Wasserleitungen verbrochen haben, zahlen sie hier zurück mit millionenfachen Zinsen. Von dem, was sich in der freien Natur im Großen abspielt, kann man im Kleinen schon in seinem Zimmer eine Vorstellung gewinnen. Läßt man ein Gefäß mit Wasser, in welchem Pflanzen- oder Thierreste faulen, an der Luft stehen, so klärt sich die Flüssigkeit nach und nach. Die unzähligen Bakterien, welche das Gefäß birgt, brauchen die ihnen zu Gebote stehenden Substanzen allmälig auf, und vermehren sich dem entsprechend. Ist die Nahrung erschöpft, so treten sie in den Ruhe­stand, und sinken zu Boden, während das Wasser über ihnen sich klärt, farb­los und geruchlos wird. Es genügt, neue, zersetzbare Stoffe dem Wasser zu­zuführen, um die Entwickelung der Bakterien wieder anzuregen. Das, was in einem solchen Gefäß mit Wasser sich abspielt, findet auch in unseren Flüssen statt. Die Seine, welche in Paris ungeheure Mengen von Abfällen aufnimmt, ist siebzig Kilometer weiter abwärts wieder klar und rein, und zeigt nur noch Spuren organischer Stoffe. Das Elbwasser, welches den Auswurf so vieler großen Städte aufnimmt, kann vor Hamburg sogar als Trinkwasser dienen. Ohne die Thätigkeit von Bakterien wäre dies nicht möglich. Sie sind es, welche diese Selbstreinigung, die sogenannte Miner alisirung der Flüsse besorgen.

Ein und derselbe Erfolg wird im Haushalt der Natur auf mannigfache Weise erzielt. So besteht ein ganz ähnliches symbiotisches Verhältniß, wie wir es zwischen Hülsengewächsen und Bakterien kennen lernten, auch zwischen den Wurzeln zahlreicher Pflanzen und den Fadenpilzen. Dieses Verhältniß gehen Pflanzen ein, welche in humusreichem Boden zu wachsen lieben. Demgemäß verlangen diese Pflanzen, wenn sie in Cultur genommen werden, auch eine be­sondere Behandlung. Den Gartenliebhaber wird es interessiren, den Grund hierfür zu erfahren, und er kann aus diesen Angaben einigen Nutzen ziehen. Um Erica, Rhododendron und Daphnearten, so auch unsere Heidelberen, Preißel- bceren und dergleichen mehr, erfolgreich zu erziehen, darf man sich nicht der ge­wöhnlichen Gartenerde, vielmehr, wie bekannt, nur der Damm- oder Haideerde ans den obersten Schichten des Waldbodens bedienen. Ebenso gedeihen junge Weißtannen und Rothbuchen nur gut, wenn sie in solchen Boden gesetzt werden. Dies erklärt sich ans dem Umstande, daß die Wurzeln dieser Pflanzen mit einem Pilze vergesellschaftet leben, der die Fähigkeit besitzt, den Humus des Wald­bodens in Pflanzensubstanz zu verwandeln. Die Saugwurzeln dieser Pflanzen bleiben im Humusboden kurz und verzweigen sich stark, so daß sie korallen­ähnliche Gestalten erlangen. Sie werden von verflochtenen Pilzfäden wie von einer Scheide umhüllt und zeigen sich an zahlreichen Stellen mit ihnen ver­wachsen. Feine Pilzsäden breiten sich auch aus der Scheide in den umgebenden Boden aus und verwachsen mit den Theilchen desselben in ganz ähnlicher Weise, wie es sonst die Wurzelhaare thun. Der Pilz führt den Wurzeln Wasser und Stickstoffverbindungen zu, empfängt dafür von denselben die­jenigen Substanzen, welche die Pflanze in ihren Blättern erzeugt. So fördern